Unter dem Motto „Grün und gesund – Gemeinsam bringen wir Bewegung in den Kiez!“ wurde das Kiezlabor im August für elf Tage zu einem lebhaften Treffpunkt in der Fußgängerzone der Wilmersdorfer Straße. Bewegung war dabei das zentrale Thema: Sei es bei einem Kräuterspaziergang durch den Kiez oder bei einem Audiowalk, der uns der Lebenswelt der Charlottenburger Mottenwelt näherbrachte – wir waren aktiv unterwegs. Besonders inspirierend waren die vielen Gespräche mit Passant:innen, die das Kiezlabor mit ihren Ideen und Meinungen bereicherten.
Was wir dabei alles erfahren haben, könnt Ihr im Blogbeitrag nachlesen.
Wie stellt ihr Euch die Stadt der Zukunft vor?
Bereits an vorherigen Standorten konnten wir mit Hilfe von bildgenerativer künstlicher Intelligenz (KI) Ideen für Straßen, Plätze und Parks visualisieren und auch dieses Mal lässt sich sagen, die KI löst in den Menschen eine regelrechte Flut von Ideen aus. In unterschiedlichen Workshop wollten wir gemeinsam mit den Anwohner:innen herausfinden: Was macht in Euren Augen den Karl-August-Kiez besonders? Welche Strukturen fördern nachbarschaftliches Engagement und an welchen Orten trefft Ihr Euch am liebsten? Eure Eindrücke waren dabei entscheidend und wir konnten viele spannende Meinungen sammeln.
“Beim KI-Workshop zur Bürgerbeteiligung der Zukunft entstanden spannende Diskussionen zum Thema KI im sozialen Bereich und in der Verwaltung. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie verschiedene Perspektiven im Kiezlabor zusammentreffen und unterschiedliche Initiativen und Akteur:innen sich kennenlernen und vernetzen. Auch Kinder verweilen gerne im Kiezlabor, interessieren sich für die KI-Anwendungen und die Exponate und können dadurch die zusammenhängenden Themen spielerisch entdecken.”
Stefan aus dem Team des Kiezlabor
Bei der Veranstaltung “Mit KI zur Bürgerbeteiligung der Zukunft” konnten die Besucher:innen zusammen mit der Interkulturanstalt Ulme35 in das transformative Potenzial von KI abtauchen und die Möglichkeiten diskutieren, die sich daraus für die demokratische Teilhabe und die Stärkung von Bürgerinitiativen ergeben. Praxisnahe Übungen durften natürlich nicht fehlen!
Auch die Themen Gesundheit, Einsamkeit und Miteinander im Alter gehören zu einer Lebenswerten Stadt. Bei den Get Togethers des Netzwerks für Bildung und Soziales mit Miriam Wuttke kamen viele ältere Menschen zu diesen Themen zusammen. Sie haben in netten erkenntnisreichen Gesprächen das Projekt Netzwerk Zukunftsmut 60+ und den Zukunftsgarten kennengelernt und viele wollen sich als Freiwillige auch engagieren und dabei helfen, Kleinstprojekte umzusetzen.
Das Kiezlabor stillt Hunger und Wissensdurst
Auch dieses Mal hatten Besucher:innen wieder die Möglichkeit Simka von The Wild Path bei einem köstlichen Spaziergang durch den Kiez zu begleiten und auf die Suche nach Wild- und Stadtpflanzen zu gehen, die gerade Saison haben. Fündig geworden? Aber sicher doch! Die Ernte konnte anschließend direkt im Kiezlabor zubereitet werden! Bon Appetit!
“Aus heimischen Pflanzen wurde ein köstliches Pesto mit Parmesan gezaubert. Dazu gutes Brot und als Beilage ein paar in Olivenöl eingelegte Kirschen – mhmmmm! Das zog noch weitere interessierte Besucher:innen an, die die Fundorte auf einer selbstgezeichneten Karte nachvollziehen konnten. Wer hätte gedacht, dass es so viel Essbares in unmittelbarer Umgebung gibt
Caro aus dem Team des Kiezlabor!? Der Spaziergang hat dabei geholfen, auch selbst Pflanzen im Kiez bestimmen zu können. Und hat mittlerweile Kultstatus – wurde gleich für den nächsten Standort nachgefragt.”
Auch der Audiowalk “Open the Night” zu den Auswirkungen von Licht auf Insekten mit dem britischen Künstler Jeremy Knowles fand bereits zum zweiten Mal im Kiezlabor statt. Mit dem Smartphone ging es dabei auf eine akustische Entdeckungsreise. Unsere Kollegin Caro berichtet: “An mehreren Orten im Kiez wurden in der App Audiodateien hinterlegt, die einen akustisch in die Lebenswelt von Motten in der Stadt entführten. Sehr poetisch, aber zum Teil auch tragisch. Motten halten Straßenlaternen als hellste Lichtquelle quasi für den Mond und umkreisen sie spiralförmig bis zu ihrem letzten Atemzug. An einem Abend sterben so etwa 200 Motten pro Straßenlaterne. Die Teilnehmer:innen des Audiowalks überlegen daher im Anschluss, wie man Städte in Zukunft im Einklang mit anderen Lebewesen gestalten kann.”
Vom Samen bis zur Pflanze – ein ganzer Lebenszyklus beim Kiezlabor
Wer Pflanzen mag, ist beim Kiezlabor auf jeden Fall auf seine Kosten gekommen. Gemeinsam mir dem Nachbarschaftshaus am Lietzensee wurden Samenkugeln gebastelt. Aber auch Gehweg-Regentonnen, um Baumscheiben und Hochbeete mit Regenwasser zu versorgen, konnten gemeinsam mit der Initiative Fritschestraße bestaunt werden, um hoffentlich bald viele Nachahmer:innen zu finden.
“Sehr interessiert haben alle den Erläuterungen von Jörg von der Initiative Fritschestraße gelauscht. Es war beeindruckend: Er kannte alle Leute, die in der Fritschestraße an uns vorbeigelaufen sind oder auf einer der renovierten historischen Bänke saßen. Das Mikroklima, das die Engagierten hier vor Ort schaffen ist nicht nur klimatisch richtig toll. Auch die neue Initiative Einfach Beeten ist ziemlich beeindruckend und ermöglicht es hoffentlich vielen weiteren solch schöne Straßenräume zu schaffen.”
Anne Kruse aus dem Team des Kiezlabor
Wir lassen Bäume und Tiere sprechen
Was würde wohl der Baum dazu sagen? Besonders rund ging es beim “Aktionstag Stadtbäume”. Wir haben unser neues Exponat “TreeBot” das erste Mal vor Publikum getestet! Bei dem Prototyp konnte mit Hilfe von KI mit einem Baum kommuniziert werden und die Besucher:innen erhielten einen Einblick in die Rolle von KI im urbanen Grün. Aber nicht nur der Baum hat gesprochen, auch lokale Initiativen wie Tiny Forest Berlin haben sich vorgestellt und allerhand Wissenswertes über die Berliner Stadtbäume berichtet, um Berlin zu einem grüneren, nachhaltigeren und gesünderen Ort zu machen.
“Es war schön zu beobachten wie über den Tag verteilt unterschiedlichste Leute vorbeigeschaut haben, teilweise vorsätzlich und teilweise zufällig, und sich auf ganz natürliche Art ein Austausch und Vernetzung ergibt. Von einer interessierten Dame, über die politischen Akteure von “Baum Entscheid” zu der Initiative “Tiny Forests”, die sich für die Begrünung von Baumscheiben einsetzen – alles mit dabei. Und im Hintergrund plappert unser neuer Prototyp der “TreeBot” mit einem Kind. Für mich ist das die Kernessenz des Kiezlabors – Austausch auf Augenhöhe zu jeglichen städtischen Themen.”
Henriette aus dem Team des Kiezlabor
Nicht-menschliche Stimmen werden oft aus der Entscheidungsfindung in Städten ausgeschlossen, und ihre Erfahrungen bleiben in unseren Stadtplänen unsichtbar. Was wäre, wenn wir nicht-menschliche Vertreter ebenfalls „an den Tisch“ holen würden? Die Teilnehmer:innen des Workshops “Rat der Vielarten” konnten unterschiedliche Perspektiven einnehmen – zum Beispiel von Eichhörnchen, Fledermäusen oder sogar Brennnesseln und dann die Umgebung erkunden. Wo würde etwa eine Fledermaus gerne fressen, ruhen oder sich paaren? “Durch die Überlagerung der unterschiedlichen Erfahrungen und anschließende Ideenfindung entstand eine Nachbarschaftskarte, die das Wohlbefinden aller Arten berücksichtigt.” berichtet Caro aus dem Team Kiezlabor.
“Wie lässt sich ganzheitliche Stadtentwicklung denken? Also ganzheitlich im Sinne des Einbeziehens wirklich aller Lebensformen, mit denen wir Menschen unseren urbanen Raum teilen – Tieren, Mikroorganismen, Pflanzen. Wie schwierig alleine schon das Mitdenken der unterschiedlichen Bedürfnisse der Bürger:innen ist, wissen wir von CityLAB und Kiezlabor bereits. Nichtsdestotrotz trauen wir uns die nächste Schwierigkeitsstufe zu erkunden und gehen mit der Workshopleiterin im Kiez um die Wilmersdorfer Straße auf Spuren- und Lösungssuche.”
Markus aus dem Team Kiezlabor
Kunst und Kiezlabor – ein unschlagbares Duo
Viele Besucher:innen hat auch die Vorstellung des Kunstwerks und Mitmachprojekts “Pollinator Pathmaker” der Künstlerin Alexandra Daisy Ginsberg durch Sophie Korschildgen und Agnessa Schmudke von der LAS Art Foundation angezogen. Auch unsere Kollegin Caro war vor Ort: “Mit dem algorithmusbasierten Tool lässt sich die Bepflanzung kleiner und großer Gärten (im Stadtraum) bestäuberfreundlich planen, was live am Kiezlabor ausprobiert werden konnte. Welche Pflanzen können nicht nur dem Menschen gefallen, sondern auch Bestäubern als Nahrung dienen? Schon mit einer Baumscheibe oder einem kleinen Beet ist man dabei.”
Was bringt uns ein Kiezlabor?
Nach zehn Tagen in der Wilmersdorfer Straße mit vielen Angeboten, Workshops, Infos und Gesprächen zum Bezirk und der Lebenswelt der Bewohner:innen wagten wir gemeinsam mit Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger und dem Raum für Beteiligung Charlottenburg-Wilmersdorf einen Rückblick:
“Bei der feierlichen Abschlussveranstaltung mit dem Stadtrat Schruoffeneger konnten wir mit den vielen sehr aktiven Partner:innen und vorbeischlendernden Bewohner:innen die Zeit in Charlottenburg-Wilmersdorf Revue passieren lassen und auf die Ergebnisse schauen. Laut dem Stadtrat sind die vielen Beiträge zur Gestaltung des öffentlichen Raums sehr wertvoll. Nicht alles kann umgesetzt werden, aber viele Ideen können in das zukünftige Gestalthandbuch des Karl August Kiez einfließen. Schön war vor allem die Mischung aus Diskussion, Rückblick und nettem Beisammensein zum Abschluss.”
Anne aus dem Team Kiezlabor
“Meiner Meinung nach war die Fußgängerzone in Wilmersdorf ein großartiger Standort für das Kiezlabor, weil dort ständig reger Betrieb herrscht – trotz Sommerferien! Viele Menschen haben sich wirklich Zeit genommen und die zahlreichen Exponate genau erkundet. Ich habe das Gefühl, dass wir die Menschen wirklich erreicht haben.”
Eva Schuh vom Raum für Beteiligung / Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf
“Mein Eindruck vom Kiezlabor? Man kommt auf jeden Fall schnell mit den Menschen in Kontakt und kann sich auch einmal richtig Zeit für ein Gespräch nehmen. Besonders in längeren Diskussionen konnten gemeinsam mit den Passant:innen Ideen für den Kiez entwickelt werden.”
Frederike Büttner vom Raum für Beteiligung / Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf
“Ich finde das Kiezlabor großartig! Durch den direkten Kontakt zwischen Mitarbeitenden der Verwaltung und Passant:innen konnten wir auch mal transparent machen, an welchen Themen wir gerade arbeiten und wo sich die Anwohner:inenn direkt einbringen können.”
Dirk Jakubczick, Sachbearbeiter Klimaanpassung / Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf
Was bringt uns also das Kiezlabor? Eine ganze Menge! Das Kiezlabor bringt Nachbarschaften zusammen, fördert den Austausch, inspiriert kreative Ideen zur Stadtgestaltung und ermöglicht eine zukunftsorientierte Bürgerbeteiligung. Wir wollen mit dem Kiezlabor einen Raum schaffen, in dem Gesundheit, Nachhaltigkeit und nachbarschaftliches Engagement im Mittelpunkt stehen – bald auch in Kreuzberg und Pankow!