Ob Online-Antrag, Meldebescheinigung oder Terminbuchung beim Bürgeramt: In digitalen Verwaltungsangeboten sind es oft die kleinen Texte, die den entscheidenden Unterschied machen. UX-Writing sorgt dafür, dass Nutzer:innen immer wissen, wo sie sind, was sie tun müssen und wie sie ihr Ziel erreichen. Denn gerade dort, wo Aufgaben ohnehin schon komplex oder lästig sind, darf die Sprache kein zusätzliches Hindernis sein.
In unserem neuen Blogbeitrag zeigen wir, was gutes UX-Writing ausmacht, worauf es in der Praxis ankommt und warum es für öffentliche Institutionen besonders relevant ist. Klar formulierte Texte sparen Zeit, senken Rückfragen und machen Angebote zugänglicher. So wird Sprache zum Werkzeug für eine wirklich nutzerfreundliche Verwaltung.
Was ist UX-Writing?
UX-Writing (User Experience Writing) umfasst alle Textelemente, die Nutzer:innen durch eine digitale Anwendung führen: Buttons, Fehlermeldungen, Erklärtexte, Formularhinweise, Fehlermeldungen u. v. m. Anders als im klassischen Texten geht es hier weniger um Inhalte als um Funktionen: UX Writing hilft Menschen, sich intuitiv und sicher in einem digitalen Produkt zu bewegen. UX Writing kann nicht nur User:innen effektiv zum Ziel navigieren, sondern auch dazu beitragen, dass sie weniger Rückfragen haben und digitale Angebote als zugänglich und verständlich erleben.
UX-Writing bietet dabei eine neue Perspektive auf User Experience: Während UX primär visuell oder architektonisch gedachte wurde – etwa über Layout, Informationsstruktur oder Interface-Design – setzt UX-Writing einen Fokus auf die sprachliche Ebene. Texte werden nicht nur als Beiwerk verstanden, sondern als integraler Bestandteil der Nutzerführung.
Warum lohnt sich UX-Writing?
Gutes UX-Writing reduziert Missverständnisse, senkt die Zahl der Supportanfragen und verringert Abbrüche in digitalen Prozessen. Wenn Nutzer:innen sofort verstehen, was zu tun ist, müssen sie nicht nachfragen oder mehrfach ansetzen – das spart Zeit und Ressourcen. Besonders für Verwaltungen und Organisationen mit komplexen Abläufen bedeutet das:
- weniger Erklärungsaufwand,
- weniger Schulungsbedarf,
- geringere Kosten.
Gleichzeitig steigt die Zufriedenheit, weil Nutzer:innen schneller ans Ziel kommen – ob beim Formular, Antrag oder im Bürgerportal. Kurz gesagt: Wer verständlich kommuniziert, arbeitet effizienter.
Gerade in digitalen Angeboten der öffentlichen Verwaltung ist es entscheidend, dass Informationen effektiv, verständlich und zugänglich vermittelt werden. UX-Writing trägt dazu bei, Barrieren abzubauen und Nutzer:innen sicher durch Prozesse zu führen.
Herausforderungen im UX-Writing für die Verwaltung
UX-Writing in der öffentlichen Verwaltung bringt besondere Herausforderungen mit sich. Digitale Verwaltungsangebote richten sich an sehr heterogene Zielgruppen – mit unterschiedlichen Sprachniveaus, digitalen Kompetenzen und kulturellen Hintergründen. Gleichzeitig ist der inhaltliche Kontext oft komplex, rechtlich geregelt und wenig flexibel. Texte müssen also verständlich sein, ohne ungenau zu werden – und dabei dennoch den Ton der jeweiligen Behörde wahren. Hinzu kommt: Zuständigkeiten sind oft unklar verteilt, viele Services entstehen in Silos und es fehlt an Zeit oder Know-how, um Sprache als integralen Bestandteil der Nutzerführung zu denken. UX-Writing kann diese Lücke schließen – doch dafür braucht es Sensibilität, klare Prozesse und ein Verständnis dafür, wie viel Wirkung in wenigen Worten steckt.
Gerade bei sehr diversen Zielgruppen kann UX-Writing einen entscheidenden Beitrag leisten, um Barrieren abzubauen – etwa für Menschen mit Behinderungen. Denn gute Texte sind nicht nur einfach, sondern inklusiv. Wie wichtig das ist, zeigt eine Untersuchung der Universität Hamburg: Nur rund 5 % der deutschen Bevölkerung verfügen über Sprachkenntnisse auf dem Niveau C1 – dem Niveau, auf dem viele Behördentexte formuliert sind. Über 70 % der Menschen erreichen dagegen lediglich B1 oder B2. Wer wirklich alle erreichen will, muss also verständlich kommunizieren.

UX-Writing bedeutet vor allem: Einfachheit. Und Einfachheit ist für alle schön! Für Menschen, die drauf angewiesen sind und für diejenigen, die es nicht sind. Das heißt: Worte und Texte sollten in einfacher Sprache verfasst werden. Denn davon profitieren schließlich alle.
Was macht gutes UX-Writing aus?
1. User First: Gutes UX-Writing denkt aus Sicht der Nutzer:innen. Welche Formulierung ist hilfreich – und welche könnte sie verunsichern?

2. Sei klar und verständlich: Vermeide Fachbegriffe oder Abkürzungen. Stell Dir vor, Du erklärst es einem Menschen, der die Anwendung zum ersten Mal nutzt.

3. Prägnant und scannbar: Texte müssen schnell erfassbar sein, vor allem auf mobilen Geräten. Kurze Sätze, aktive Sprache und klare Verben helfen.

4. Orientierung bieten: Mach immer deutlich, was als nächstes passiert – oder was Nutzer:innen tun sollen. UX-Writing ist wie ein guter Wegweiser. Erst Orientierung bieten, dann den nächsten Schritt anleiten.

5. Schreibe so, wie man sprechen würde: Wähle eine freundliche, positive und empathische Sprache. Vermeide Passivkonstruktionen und abstrakte Begriffe. Aktiv, direkt und sympathisch wirkt am besten. Beispiel: Statt: „Authentifizierung fehlgeschlagen“ lieber „Dein Passwort ist leider falsch. Bitte versuche es erneut.“

6. Bleib im richtigen Ton: Deine Sprache sollte zur Organisation passen – und zur Situation. Mal sachlich, mal nahbar – aber immer konsistent. Wähle Begriffe und Formulierungen bewusst und bleib in der Wortwahl konsequent – das schafft Eindeutigkeit und Klarheit.

7. Teste und lerne: Gute Texte entstehen durch Feedback. A/B-Tests, Usability-Tests oder Nutzer:innenbefragungen zeigen, was funktioniert – und was nicht.
Die Zukunft von UX-Writing im öffentlichen Sektor
UX-Writing sollte als zentraler Baustein für eine moderne und digitale Verwaltung gesehen werden. In Zeiten wachsender Erwartungen an staatliche Dienstleistungen, zunehmender Digitalisierung und vielfältiger Zielgruppen ist verständliche Sprache ein Schlüssel zur Teilhabe. Denn was nützt die beste E-Government-Lösung, wenn sie niemand versteht?
Die Zukunft gehört digitalen Angeboten, die zugänglich, verständlich und effizient sind – und UX-Writing ist ein entscheidender Hebel dafür. In Behörden und öffentlichen Institutionen kann UX-Writing helfen, Vertrauen aufzubauen, Hürden zu senken und Prozesse nachhaltig zu verbessern. Die Herausforderung besteht darin, komplexe Inhalte so zu formulieren, dass sie nicht nur rechtlich korrekt, sondern auch nutzerfreundlich sind.
Mit zunehmender Professionalisierung – etwa durch Styleguides, Schulungen oder KI-gestützte Tools – wird UX-Writing zu einem festen Bestandteil digitaler Verwaltungsarbeit. Wer heute beginnt, Sprache strategisch zu gestalten, wird morgen nicht nur effizienter kommunizieren, sondern auch besser verstanden.
UX-Writing Checkliste
- User First: Denke zuerst an Deine Nutzer:innen / Versetze Dich in die Perspektive Deiner Nutzer:innen
- Klar: Sei klar und verständlich / Vermeide Fachbegriffe oder Abkürzungen.
- Prägnant: Formuliere prägnant und lesefreundlich / Verwende kurze Sätze, aktive Sprache und klare Verben. (Ökonomischer Worteinsatz: Jedes Wort kostet, schreibe also so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig!)
- Hilfreich: Mach immer deutlich, was als nächstes passiert – oder was Nutzer:innen tun sollen.
- Gesprochen: Schreibe so, wie man sprechen würde / Wähle eine freundliche, positive und empathische Sprache.
- On Brand: Definiere die Brand Voice und passe den Ton der Situation an
- Teste und lerne: Welche Formulierungen funktionieren wirklich? Teste es durch Nutzertests oder A/B-Tests.