Grün und Gesund: Der Kiez in Bewegung 

Das Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf

Von Nora Eilers – 21. August 2024

Unter dem Motto „Grün und gesund – Gemeinsam bringen wir Bewegung in den Kiez!“ wurde das Kiezlabor im August für elf Tage zu einem lebhaften Treffpunkt in der Fußgängerzone der Wilmersdorfer Straße. Bewegung war dabei das zentrale Thema: Sei es bei einem Kräuterspaziergang durch den Kiez oder bei einem Audiowalk, der uns der Lebenswelt der Charlottenburger Mottenwelt näherbrachte – wir waren aktiv unterwegs. Besonders inspirierend waren die vielen Gespräche mit Passant:innen, die das Kiezlabor mit ihren Ideen und Meinungen bereicherten. 

Was wir dabei alles erfahren haben, könnt Ihr im Blogbeitrag nachlesen. 

Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf.Credit-AnnaEschenbacher
Mittendrin fühlen wir uns am wohlsten – das Kiezlabor in der Fußgängerzone der Wilmersdorfer Straße. Credit: Anna Eschenbacher

Wie stellt ihr Euch die Stadt der Zukunft vor?  

Bereits an vorherigen Standorten konnten wir mit Hilfe von bildgenerativer künstlicher Intelligenz (KI) Ideen für Straßen, Plätze und Parks visualisieren und auch dieses Mal lässt sich sagen, die KI löst in den Menschen eine regelrechte Flut von Ideen aus. In unterschiedlichen Workshop wollten wir gemeinsam mit den Anwohner:innen herausfinden: Was macht in Euren Augen den Karl-August-Kiez besonders? Welche Strukturen fördern nachbarschaftliches Engagement und an welchen Orten trefft Ihr Euch am liebsten? Eure Eindrücke waren dabei entscheidend und wir konnten viele spannende Meinungen sammeln.

Beim KI-Workshop zur Bürgerbeteiligung der Zukunft entstanden spannende Diskussionen zum Thema KI im sozialen Bereich und in der Verwaltung. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie verschiedene Perspektiven im Kiezlabor zusammentreffen und unterschiedliche Initiativen und Akteur:innen sich kennenlernen und vernetzen. Auch Kinder verweilen gerne im Kiezlabor, interessieren sich für die KI-Anwendungen und die Exponate und können dadurch die zusammenhängenden Themen spielerisch entdecken.”  

Stefan aus dem Team des Kiezlabor 

Bei der Veranstaltung “Mit KI zur Bürgerbeteiligung der Zukunft” konnten die Besucher:innen zusammen mit der Interkulturanstalt Ulme35 in das transformative Potenzial von KI abtauchen und die Möglichkeiten diskutieren, die sich daraus für die demokratische Teilhabe und die Stärkung von Bürgerinitiativen ergeben. Praxisnahe Übungen durften natürlich nicht fehlen!   

Anne Kruse vom CityLAB erklärt Kindern das Tool KIezvisionen.
KI begeistert das Publikum – von klein bis groß.
Cem Canpolat von der Interkulturanstalt Ulme35 beim Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf
Cem Canpolat von der Interkulturanstalt Ulme35 kommt mit den Besucher:innen ins Gespräch zu den Möglichkeiten von KI. 
Stefan beim Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf
Immer im Einsatz: Stefan aus dem Team des Kiezlabor

Auch die Themen Gesundheit, Einsamkeit und Miteinander im Alter gehören zu einer Lebenswerten Stadt. Bei den Get Togethers des Netzwerks für Bildung und Soziales mit Miriam Wuttke kamen viele ältere Menschen zu diesen Themen zusammen. Sie haben in netten erkenntnisreichen Gesprächen das Projekt Netzwerk Zukunftsmut 60+ und den Zukunftsgarten kennengelernt und viele wollen sich als Freiwillige auch engagieren und dabei helfen, Kleinstprojekte umzusetzen.  

Mit dem Projekt Netzwerk Zukunftsmut 60+ wurde beim Kiezlabor diskutiert
Erkenntnisreiche Gesprächen mit dem Projekt Netzwerk Zukunftsmut 60+.

Das Kiezlabor stillt Hunger und Wissensdurst 

Auch dieses Mal hatten Besucher:innen wieder die Möglichkeit Simka von The Wild Path bei einem köstlichen Spaziergang durch den Kiez zu begleiten und auf die Suche nach Wild- und Stadtpflanzen zu gehen, die gerade Saison haben. Fündig geworden? Aber sicher doch! Die Ernte konnte anschließend direkt im Kiezlabor zubereitet werden! Bon Appetit!  

Aus heimischen Pflanzen wurde ein köstliches Pesto mit Parmesan gezaubert. Dazu gutes Brot und als Beilage ein paar in Olivenöl eingelegte Kirschen – mhmmmm! Das zog noch weitere interessierte Besucher:innen an, die die Fundorte auf einer selbstgezeichneten Karte nachvollziehen konnten. Wer hätte gedacht, dass es so viel Essbares in unmittelbarer Umgebung gibt!? Der Spaziergang hat dabei geholfen, auch selbst Pflanzen im Kiez bestimmen zu können. Und hat mittlerweile Kultstatus – wurde gleich für den nächsten Standort nachgefragt.”  

Caro aus dem Team des Kiezlabor  
Mit Simka von The Wild Path wurde beim Kiezlabor ein Pesto aus Stadtpflanzen hergestellt
Lecker! Ihr habt direkt Hunger bekommen? Am 20. September könnt Ihr Simka auf einer Kiezverköstigungstour durch Pankow begleiten. Gleich Anmelden.  
Beim einem Kiezlabor-Workshop wurde eine Karte der Umgebung erstellt
Sharing is caring! Wir teilen unsere Schatzkarten der Köstlichkeiten natürlich mit Euch.

Auch der Audiowalk “Open the Night” zu den Auswirkungen von Licht auf Insekten mit dem britischen Künstler Jeremy Knowles fand bereits zum zweiten Mal im Kiezlabor statt. Mit dem Smartphone ging es dabei auf eine akustische Entdeckungsreise. Unsere Kollegin Caro berichtet: “An mehreren Orten im Kiez wurden in der App Audiodateien hinterlegt, die einen akustisch in die Lebenswelt von Motten in der Stadt entführten. Sehr poetisch, aber zum Teil auch tragisch. Motten halten Straßenlaternen als hellste Lichtquelle quasi für den Mond und umkreisen sie spiralförmig bis zu ihrem letzten Atemzug. An einem Abend sterben so etwa 200 Motten pro Straßenlaterne. Die Teilnehmer:innen des Audiowalks überlegen daher im Anschluss, wie man Städte in Zukunft im Einklang mit anderen Lebewesen gestalten kann.” 

Audiowalk mit Jeremy Knowles beim Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf
Wir haben keine Angst im Dunkeln, sondern erkunden lieber mit Jeremy Knowles die Umgebung.
In einer App wurden Audiodateien hinterlegt für einen Audiowalk beim Kiezlabor
An diesem Abend hieß es: Folgt dem Ruf der Motten!

Vom Samen bis zur Pflanze – ein ganzer Lebenszyklus beim Kiezlabor 

Wer Pflanzen mag, ist beim Kiezlabor auf jeden Fall auf seine Kosten gekommen. Gemeinsam mir dem Nachbarschaftshaus am Lietzensee wurden Samenkugeln gebastelt. Aber auch Gehweg-Regentonnen, um Baumscheiben und Hochbeete mit Regenwasser zu versorgen, konnten gemeinsam mit der Initiative Fritschestraße bestaunt werden, um hoffentlich bald viele Nachahmer:innen zu finden. 

Sehr interessiert haben alle den Erläuterungen von Jörg von der Initiative Fritschestraße gelauscht. Es war beeindruckend: Er kannte alle Leute, die in der Fritschestraße an uns vorbeigelaufen sind oder auf einer der renovierten historischen Bänke saßen. Das Mikroklima, das die Engagierten hier vor Ort schaffen ist nicht nur klimatisch richtig toll. Auch die neue Initiative Einfach Beeten ist ziemlich beeindruckend und ermöglicht es hoffentlich vielen weiteren solch schöne Straßenräume zu schaffen.

Anne Kruse aus dem Team des Kiezlabor  
Samenkugeln erstellen beim Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf
Die Samenkugeln rollen! 
Kiezlabor Spaziergang durch Charlottenburg-Wilmersdorf
Wie funktioniert eine Gehweg-Regentonne? Die Initiative Fritschestraße zeigte es direkt vor Ort.
Kiezlaborspaziergang durch Charlottenburg-Wilmersdorf
10.000 Schritte am Tag? Für die Besucher:innen des Kiezlabor ein leichtes!

Wir lassen Bäume und Tiere sprechen

Was würde wohl der Baum dazu sagen? Besonders rund ging es beim “Aktionstag Stadtbäume”. Wir haben unser neues Exponat “TreeBot” das erste Mal vor Publikum getestet! Bei dem Prototyp konnte mit Hilfe von KI mit einem Baum kommuniziert werden und die Besucher:innen erhielten einen Einblick in die Rolle von KI im urbanen Grün. Aber nicht nur der Baum hat gesprochen, auch lokale Initiativen wie Tiny Forest Berlin haben sich vorgestellt und allerhand Wissenswertes über die Berliner Stadtbäume berichtet, um Berlin zu einem grüneren, nachhaltigeren und gesünderen Ort zu machen. 

Es war schön zu beobachten wie über den Tag verteilt unterschiedlichste Leute vorbeigeschaut haben, teilweise vorsätzlich und teilweise zufällig, und sich auf ganz natürliche Art ein Austausch und Vernetzung ergibt. Von einer interessierten Dame, über die politischen Akteure von “Baum Entscheid” zu der Initiative “Tiny Forests”, die sich für die Begrünung von Baumscheiben einsetzen – alles mit dabei. Und im Hintergrund plappert unser neuer Prototyp der “TreeBot” mit einem Kind. Für mich ist das die Kernessenz des Kiezlabors – Austausch auf Augenhöhe zu jeglichen städtischen Themen.” 

Henriette aus dem Team des Kiezlabor  
Der Aktionstag Stadtbäume beim Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf
Beim Kiezlabor wird sich immer gerne ausgetauscht.
Das KI-Exponat Treebot beim Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf
Da hat der TreeBot wohl gerade einen Witz erzählt.

Nicht-menschliche Stimmen werden oft aus der Entscheidungsfindung in Städten ausgeschlossen, und ihre Erfahrungen bleiben in unseren Stadtplänen unsichtbar. Was wäre, wenn wir nicht-menschliche Vertreter ebenfalls „an den Tisch“ holen würden? Die Teilnehmer:innen des Workshops “Rat der Vielarten” konnten unterschiedliche Perspektiven einnehmen – zum Beispiel von Eichhörnchen, Fledermäusen oder sogar Brennnesseln und dann die Umgebung erkunden. Wo würde etwa eine Fledermaus gerne fressen, ruhen oder sich paaren? “Durch die Überlagerung der unterschiedlichen Erfahrungen und anschließende Ideenfindung entstand eine Nachbarschaftskarte, die das Wohlbefinden aller Arten berücksichtigt.” berichtet Caro aus dem Team Kiezlabor.  

Wie lässt sich ganzheitliche Stadtentwicklung denken? Also ganzheitlich im Sinne des Einbeziehens wirklich aller Lebensformen, mit denen wir Menschen unseren urbanen Raum teilen – Tieren, Mikroorganismen, Pflanzen. Wie schwierig alleine schon das Mitdenken der unterschiedlichen Bedürfnisse der Bürger:innen ist, wissen wir von CityLAB und Kiezlabor bereits. Nichtsdestotrotz trauen wir uns die nächste Schwierigkeitsstufe zu erkunden und gehen mit der Workshopleiterin im Kiez um die Wilmersdorfer Straße auf Spuren- und Lösungssuche.” 

Markus aus dem Team Kiezlabor 
Beim Workshop “Pflanzen im Stadtraum” wurde mit Kunigunde Berberich und Gudrun Ingratubun vom Projekt „Indigo und Sonnengelb“ Farben aus Pflanzen hergestell
Beim Workshop “Pflanzen im Stadtraum” wurde mit Kunigunde Berberich und Gudrun Ingratubun vom Projekt „Indigo und Sonnengelb“ Farben aus Pflanzen hergestellt
Beim Workshop “Pflanzen im Stadtraum” wurde mit Kunigunde Berberich und Gudrun Ingratubun vom Projekt „Indigo und Sonnengelb“ Farben aus Pflanzen hergestellt und anschließend Ideen zu Papier gebracht.
Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf.Credit-AnnaEschenbacher
Es funktioniert super auch ohne Anmeldungen einen Workshop durchzuführen, wenn man in der Fußgängerzone steht. Immer wieder stoppen Menschen, um zu schauen was passiert und verweilen dann auch häufig, um am Workshop teilzunehmen.” Stefan aus dem Team des Kiezlabor. Credit: Anna Eschenbacher

Kunst und Kiezlabor – ein unschlagbares Duo

Viele Besucher:innen hat auch die Vorstellung des Kunstwerks und Mitmachprojekts “Pollinator Pathmaker” der Künstlerin Alexandra Daisy Ginsberg durch Sophie Korschildgen und Agnessa Schmudke von der LAS Art Foundation angezogen. Auch unsere Kollegin Caro war vor Ort: “Mit dem algorithmusbasierten Tool lässt sich die Bepflanzung kleiner und großer Gärten (im Stadtraum) bestäuberfreundlich planen, was live am Kiezlabor ausprobiert werden konnte. Welche Pflanzen können nicht nur dem Menschen gefallen, sondern auch Bestäubern als Nahrung dienen? Schon mit einer Baumscheibe oder einem kleinen Beet ist man dabei.”  

Kunstwerk und Mitmachprojekt Pollinator Pathmaker beim Kiezlabor
Wie würde ein Garten aussehen, der von Bestäubern gestaltet wurde? Diese Frage stellt das Kunstwerk und Mitmachprojekt Pollinator Pathmaker der britischen Künstlerin Alexandra Daisy Ginsberg.
Agnessa Schmudke und Sophie Korschildgen stellen das Kunstwerk und Mitmachprojekt Pollinator Pathmaker vor
Die Kuratorinnen Agnessa Schmudke und Sophie Korschildgen stellten das Projekt vor und zeigten, wie es im Straßenraum umgesetzt werden kann.
Exponate rund um das Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf
Exponat Kiezpuls beim Kiezlabor.Credit AnnaEschenbacher
Auch rund um das Kiezlabor gab es immer viel zu erkunden. Besonders unser Exponat “Kiezpuls” lud die Menschen zum Mitmachen ein. Credit: Anna Eschenbacher

Was bringt uns ein Kiezlabor?

Nach zehn Tagen in der Wilmersdorfer Straße mit vielen Angeboten, Workshops, Infos und Gesprächen zum Bezirk und der Lebenswelt der Bewohner:innen wagten wir gemeinsam mit Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger und dem Raum für Beteiligung Charlottenburg-Wilmersdorf einen Rückblick:   

Bei der feierlichen Abschlussveranstaltung mit dem Stadtrat Schruoffeneger konnten wir mit den vielen sehr aktiven Partner:innen und vorbeischlendernden Bewohner:innen die Zeit in Charlottenburg-Wilmersdorf Revue passieren lassen und auf die Ergebnisse schauen. Laut dem Stadtrat sind die vielen Beiträge zur Gestaltung des öffentlichen Raums sehr wertvoll. Nicht alles kann umgesetzt werden, aber viele Ideen können in das zukünftige Gestalthandbuch des Karl August Kiez einfließen. Schön war vor allem die Mischung aus Diskussion, Rückblick und nettem Beisammensein zum Abschluss.” 

Anne aus dem Team Kiezlabor 

Meiner Meinung nach war die Fußgängerzone in Wilmersdorf ein großartiger Standort für das Kiezlabor, weil dort ständig reger Betrieb herrscht – trotz Sommerferien! Viele Menschen haben sich wirklich Zeit genommen und die zahlreichen Exponate genau erkundet. Ich habe das Gefühl, dass wir die Menschen wirklich erreicht haben.” 

Eva Schuh vom Raum für Beteiligung / Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf 

Mein Eindruck vom Kiezlabor? Man kommt auf jeden Fall schnell mit den Menschen in Kontakt und kann sich auch einmal richtig Zeit für ein Gespräch nehmen. Besonders in längeren Diskussionen konnten gemeinsam mit den Passant:innen Ideen für den Kiez entwickelt werden.”  

Frederike Büttner vom Raum für Beteiligung / Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf 

Ich finde das Kiezlabor großartig! Durch den direkten Kontakt zwischen Mitarbeitenden der Verwaltung und Passant:innen konnten wir auch mal transparent machen, an welchen Themen wir gerade arbeiten und wo sich die Anwohner:inenn direkt einbringen können.

Dirk Jakubczick, Sachbearbeiter Klimaanpassung / Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf 
Beim Kiezlabor werden Ideen von Bürger-innen gesammelt.Credit-AnnaEschenbacher
Das Kiezlabor schafft Möglichleiten den eigenen Gedanken zum Kiez einen Raum zu geben. Danke für euren Input.
Kiezlabor in Charlottenburg-Wilmersdorf.Credit-AnnaEschenbacher
Es war eine tolle Zeit in Charlottenburg-Wilmersdorf.
Das Kiezlabor packt zusammen
Wir haben gepackt und freuen uns, Euch beim nächsten Standort zu sehen.

Was bringt uns also das Kiezlabor? Eine ganze Menge! Das Kiezlabor bringt Nachbarschaften zusammen, fördert den Austausch, inspiriert kreative Ideen zur Stadtgestaltung und ermöglicht eine zukunftsorientierte Bürgerbeteiligung. Wir wollen mit dem Kiezlabor einen  Raum schaffen, in dem Gesundheit, Nachhaltigkeit und nachbarschaftliches Engagement im Mittelpunkt stehen – bald auch in Kreuzberg und Pankow!