Leise war gestern: Das Kiezlabor erobert die Bibliothek in Pankow! 

Kreativität und Stadtentwicklung  – Das Team teilt seine größten Learnings und Highlights des letzten Standorts 2024 

Von Nora Eilers – 14. Oktober 2024

Vom 10. September bis zum 4. Oktober wurde es in der sonst so stillen Bibliothek am Wasserturm in Pankow alles andere als leise – das Kiezlabor machte sich in unmittelbarer Nähe Platz und hier durfte es auch mal laut und kreativ zugehen! Unter dem Motto „Jung in der Großstadt. Räume öffnen, Räume geben“ verwandelte sich der Innenhof in einen lebendigen Ort, an dem junge Berliner:innen und Interessierte die Zukunft der Stadt aktiv mitgestalten konnten. Ob beim Ideensammeln in spielerischen Workshops, ausgedehnten Kiezspaziergängen oder intensiven Diskussionen – hier war jede:r eingeladen, neue Räume für (und mit) der Jugend zu erschaffen. 

Weil dies der letzte Standort des Jahres war, haben wir für diesen Recap das Team höchstpersönlich nach ihren Lieblingsveranstaltungen und Erfahrungen gefragt. Seid mit uns gespannt, was sie aus der Zeit in Pankow mitgenommen haben! 

Das Kiezlabor im Innenhof der Bibliothek am Wasserturm in Pankow.

Retro-Gaming: Ressourcenschonung trifft Stadtentwicklung 

Léon: “Wenn zahlreiche junge Menschen bis 22:00 Uhr trotz kühlen Herbstwetters im Freien ausharren, dann muss etwas Besonderes geboten sein! Beim Retro-Gaming-Workshop mit Marten Seedorf haben wir auf alten Laptops mithilfe freier Software Retro-Spiele gespielt. Geräte, die für aktuelle Windows-Versionen unbrauchbar geworden sind, wurden mit Linux Mint und Open-Source-Emulatoren wieder zum Leben erweckt, um klassische Games neu zu entdecken. Anstatt sie als Elektroschrott abzuschreiben, erfüllten alte Geräte so noch eine wichtige Funktion. Doch es ging nicht nur ums Zocken und Ressourcenschonung durch Upcycling – der Workshop zeigte im Kleinen, wie Stadtentwicklung im Großen funktioniert: Es geht darum, mit begrenzten Mitteln Großes zu bewirken. So schlug der Workshop eine perfekte Brücke zwischen den Kernthemen des CityLAB – Digitalisierung und urbane Transformation – und bot jungen Menschen einen spielerischen, niedrigschwelligen Zugang, um sich mit ihrer Rolle in der Gestaltung ihrer Nachbarschaft auseinanderzusetzen.” 

Mit Künstlicher Intelligenz zum verkehrsberuhigten Kiez 

Christine: “Junge Besucher:innen erhielten bei dem Workshop “KIezblock-Visionen: Mit KI zu einem verkehrsberuhigten Kiez” die Möglichkeit, zuerst einen Spaziergang durch das Winsviertel mit der Gruppe F zu unternehmen, wobei unübersichtliche Verkehrsmomente identifiziert und fotografiert werden konnten, bevor es dann im Kiezlabor selbst an das Bearbeiten der aufgenommenen Bilder ging. Junge Besucher:innen nutzten trotz des regnerischen Wetters die Gelegenheit für den Spaziergang oder kamen direkt im Container zusammen, um die Plattform UrbanistAI zu entdecken und Plätze und Straßen neu zu gestalten. Dabei waren Foodtrucks und Mülleimer mindestens genauso wichtig wie grüne Wiesen und Wasserspielplätze; es zeigte sich aber auch, wie tief der Fokus auf das Auto im Straßenverkehr im Denken verankert ist. Persönliche Träume wie eine weiße Villa mit Garten wurden natürlich auch visualisiert. Insbesondere ein Besucher traute sich, nachdem er am Tag zuvor nur die Außenseite des Kiezlabor erkundet hatte, näher heran und hatte viel Spaß daran, Bilder zu verändern. Es hat sich gezeigt, dass auch wir immer wieder Neues dazulernen können: An einigen Stellen merkten wir, dass es noch Potenzial gibt, uns mit der Plattform vertrauter zu machen – eine spannende Lernkurve für uns alle!” 

LEGO: Ein spielerischer Zugang zu den großen Themen unserer Zeit 

Anne: “Zahlreiche Familien und Jugendliche schauten beim Workshop „Let’s create the future!“ vorbei, wo Zukunftsideen für den Kiez mit einer Vielzahl an Materialien gebastelt wurden. Auch im Workshop „LEGO: Build the change!“ ging es lebhaft zu: Jung und Alt experimentierten gemeinsam mit LEGO und entwickelten Lösungen für Herausforderungen der Klimakrise, wie zum Beispiel: „Bau etwas, das die Bienen vor dem Klimawandel schützen kann.“ Dabei entstanden kreative Ideen wie bienenfreundliche Pflanzen in der Stadt, begrünte Dächer oder Wellenbrecher zum Schutz von Schildkröten. Besonders LEGO zieht die Menschen an, da es einen spielerischen Zugang zu komplexen Themen ermöglicht. Durch das Bauen und Experimentieren können Teilnehmer:innen ihre Ideen in greifbare Prototypen umsetzen, was dazu beiträgt, herausfordernde Themen auf eine verständliche und unterhaltsame Weise zu erkunden. Es zeigte sich, dass Menschen, unabhängig von ihrem Alter, Freude daran haben, mit LEGO zu spielen. Der Workshop lockte viele Interessierte an, die sich sonst vielleicht nicht mit diesen Themen auseinandersetzen würden, und eröffnet vielfältige Möglichkeiten, um spielerisch auch anspruchsvolle Fragen zu behandeln. 

Unser Ziel mit dem Kiezlabor ist es, über zukunftsrelevante Themen auf zugängliche Art und Weise zu sprechen. Das Bauen von Prototypen mit LEGO und Pappe eignet sich dafür also ganz hervorragend.” 

Anne vom Team Kiezlabor. Credit: Florian Reimann.
Beim Workshop „LEGO: Build the change!“ ging es lebhaft zu und her.

Kiezpuls: Mitmachmöglichkeiten für alle 

Julian: „Neben unseren Veranstaltungen bieten wir im Kiezlabor stets auch kleine Mitmachmöglichkeiten, die es Anwohner:innen ermöglichen, niedrigschwellig und spontan am Geschehen teilzuhaben. Seit Mitte des Jahres sammeln wir mit unserem Kiezpuls-Exponat Stimmungsbilder aus den Kiezen und in Pankow erfreute sich dieses Format besonders großer Beliebtheit. Dabei zeigte sich, dass die Menschen in den umliegenden Kiezen am ehesten bereit sind, im öffentlichen Raum auf Parkplätze zu verzichten und sich bevorzugt zu Fuß oder mit dem Fahrrad fortzubewegen. Diese wertvollen Erkenntnisse geben wir an lokale Akteure weiter, um die Bedürfnisse der Gemeinschaft in zukünftige Planungen einzubeziehen.“ 

Caro und Julian aus dem Team des Kiezlabor.

Zukunftsvisionen und kreative Interventionen im Stadtraum 

Caro: Die Systemdesignerin Nathalie Sterzenbach hat für das Kiezlabor den Workshop „Gläserne Kette“ konzipiert, der auf der Bauhaus-Philosophie sowie der Spaziergangsforschung von Lucius Burckhardt basiert. Gemeinsam mit Jugendlichen und weiteren Interessierten aus dem Kiez haben wir uns die Frage „Was wäre, wenn …?“ gestellt und spekulative Zukunftsvisionen für Pankow entwickelt. Nach einem Spaziergang durch den Kiez entstanden Modelle aus KI-generierten Texten, ersten Skizzen und urbanen Stadtmöbeln aus Pappe. Es ging etwa um kleine Interventionen im Stadtraum, wie Gelegenheiten zum Sitzen (ohne gleich konsumieren zu müssen). Das reicht manchmal schon, und es müssen nicht immer große Veränderungen sein, so Nathalie Sterzenbach. Darüber hinaus ging es auch um Ideen, wie man den Innenhof der Bibliothek am Wasserturm umgestalten könnte. Eine Telefonzelle mit Büchern wäre schön, im Boden eingelassene Trampolins oder coole Stadtmöbel zum Klettern und Lesen. Auch die bereits vorhandenen Lichter im Boden könnten aufflackern und zu einem interaktiven Spiel einladen. Doch auch hier gilt: Der Innenhof sei ein toller Ausweichort, insbesondere weil dort nicht so viel los ist, so die Kiezbewohner:innen. Das sollte bei der zukünftigen Umgestaltung berücksichtigt werden.” 

Nathalie-Sterzenbach-beim-Kiezlabor-in-Berlin-Pankow
Systemdesignerin Nathalie Sterzenbach.

Konstruktiver Austausch und lebendige Diskussionen im Kiezlabor 

Henriette: Die Umgestaltung eines Kiezes führt zunächst zu viel Diskussionsstoff: von offenen Fragen über Lob, Sorgen und Kritik – gerade in Berlin, insbesondere wenn es um Parkplätze geht. So auch bei den geplanten Kiezblocks in Pankow. Für diesen Wirbel stand das gesamte Planungsteam über mehrere Tage Rede und Antwort im Kiezlabor

Viele Akteure, hoher Andrang und zahlreiche Medien – und das alles rund um einen Container. Das Bezirksamt Pankow stand für Fragen bereit, die Gruppe F unterstützte den Beteiligungsprozess, und Changing Cities klärte über Einwohner:innenanträge auf. So verlagerte sich die rege Diskussion “aus der Kommentarspalte in die Realität”, wie es Florian Keiper von Changing Cities wunderbar formulierte. Es wurden Schnüre gespannt, um gewünschte Radwege aufzuzeigen, an aufgestellten Tafeln wurde rege diskutiert oder auf dem Bildschirm mit einem KI-Tool mögliche Zukunftsvisionen der Straßen visualisiert. 

So schaffte es das Kiezlabor wieder, Raum für konstruktiven Austausch zu bieten und Zukunftsvisionen Realität werden zu lassen. Um alle Stimmen zu hören und sich in der Mitte zu treffen – genau dafür ist das Kiezlabor da.” 

Léon und Henriette aus dem Team des Kiezlabor.

Stefan: „Bei der Veranstaltung “Kiezblocks für Pankow – Gestalte die Verkehrswende mit!” kam das Bezirksamt Pankow vorbei, um über das Thema Kiezblocks zu informieren. Was als Sprechstunde und Informationsveranstaltung begann, ging sehr schnell in konkrete Wünsche an die Gestaltung der Kieze über. Erstaunlich viele Menschen waren da, um ihre Anliegen vorzutragen und gezielt über die Planung von Fuß- und Fahrradverkehr zu sprechen. Sowohl die Größe der Teilnehmenden als auch die Intensität der Diskussion machten deutlich, wie viel Planungs- und Gestaltungspotential in Beteiligungsformaten steckt. Die Möglichkeit einer offenen Sprechstunde zu Themen, die die Menschen im Kiez direkt betreffen, wurde dankend angenommen. Auffällig war allerdings auch die Homogenität der Gruppe, die an dem Programmpunkt teilgenommen hat, was auf ein mögliches Defizit des Formats hinweist. Darüber hinaus wurde klar, dass die Anwohner:innen aktiv an der Gestaltung ihres Kiezes teilhaben wollen. So war es dem Bezirksamt Pankow möglich, die Anliegen aufzunehmen und ihrer Arbeit mehr Transparenz zu verschaffen.“ 

Stefan vom Team Kiezlabor. Credit: Florian Reimann.

Auf ein weiteres spannendes Jahr mit dem Kiezlabor

Zum Abschluss eines ereignisreichen Jahres kann das Team des Kiezlabor auf zahlreiche inspirierende Veranstaltungen und wertvolle Begegnungen zurückblicken. Ob bei kreativen Workshops, intensiven Diskussionen oder gemeinsamen Kiezerkundungen – es hat sich immer wieder gezeigt, dass das Interesse und die Beteiligung der Menschen im Kiez ungebrochen groß sind. Besonders die vielfältigen Ansätze, mit denen komplexe Themen spielerisch und zugänglich aufbereitet wurden, haben es uns ermöglicht, viele unterschiedliche Stimmen und Perspektiven einzubeziehen. 

Mit diesen positiven Erfahrungen im Gepäck freuen wir uns schon jetzt auf die vielen spannenden Veranstaltungen und Kiezerkundungen, die uns im nächsten Jahr erwarten. Wir können es kaum erwarten, wieder gemeinsam mit euch kreative Ideen zu entwickeln und die Zukunft unserer Stadt zu gestalten!