Unser Besuch in der Partnerstadt Bangkok

Smart Change: Smart Cities weltweit im Austausch

Von Lisa Stubert – 9. März 2023

Mit ihren unzähligen Tempeln, Straßenmärkten, Hochhäusern und belebten Straßen steckt die Hauptstadt Thailands voller Kontraste. Für viele Europäer:innen und Tourist:innen aus aller Welt ist sie ein beliebter Anlaufspunkt für eine Fernreise, für Südostasien ein wichtiger Wirtschaftsstandort. Für über acht Millionen Bangkoker und Bangkokerinnen ist sie vor allem eines: ein Zuhause. Um eine Stadt mit so vielen Facetten auch zukünftig zu einem lebenswerten Ort zu machen, bedarf es schon jetzt guter Strategien und Ideen. Wie betreibt man Stadtplanung in einer der größten Metropolen der Welt? Was versteht man dort unter einer Smart City? Und welche Rolle können Innovationslabore nach dem Vorbild des CityLABs dabei spielen? 

Im Juni 2022 empfing das CityLAB Berlin eine Delegation aus Jakarta und Bangkok im Rahmen des EuropeAid-Projekts “Smart Change“. Das Programm verfolgt das Ziel, den gegenseitigen Austausch zwischen den drei Städten im Bereich Smart Cities zu fördern und Kooperationen anzustoßen. Nach dem Gegenbesuch in Jakarta, durften wir im November in einem Austausch zwischen dem Städte-Trio in Bangkok von unseren Berliner Erfahrungen berichten und mehr über die dortigen Projekte erfahren. Ein paar Highlights stellen wir euch hier vor.

Alt trifft Neu: Wie das Bedürfnis nach achtsamer Stadtentwicklung die Partnerstädte vereint

Den Auftakt der fünftägigen Delegationsreise machte ein Besuch im Creative District im Herzen Bangkoks. Wie kann man in einer wachsenden Stadt bauen, neue Kieze schaffen, Bedarfen entgegenkommen und trotzdem alte Infrastruktur und kulturelle Werte bewahren? Fragen, die auch in Berlin und sicher in vielen anderen Städten der Welt relevant sind. Im vielfältigen Creative District wird dem nachgegangen. Dort trifft östliche auf westliche Kultur und Altes wird mit Neuem verbunden. Neben traditionellen Geschäften, Werkstätten, heiligen Bäumen und der ältesten Straße Bangkoks finden sich hier zeitgenössische Kunstgalerien, kleine und innovative Unternehmen sowie eine besondere Gastronomie-Szene. Dies liegt nicht zuletzt an einem Zusammenschluss: Die öffentlichen Organisation Thailand Creativ & Design Center (TCDC) und die Stadtverwaltung Bangkok Metropolitan Administration (BMA) unterstützen die lokalen Unternehmen und Communities aus dem Kreativbereich und stellen Zugang zu Wissen und Netzwerkmöglichkeiten durch Workshops und andere Aktivitäten her. Eine gelungene Kooperation, wie wir finden.

Die Delegierten aus Bangkok, Jakarta und Berlin unterwegs im Creative District / Credit: Smart Change PR

Heiliger Baum im Creative District / Credit: Lisa Stubert

Überfluss vs. Mangel: Wie die Klimaerwärmung die Städte vor unterschiedliche Herausforderungen stellt

Welche Unterschiede sich in den stadtplanerischen Herausforderungen der Partnerstädte finden, wurde unter anderem bei einem Besuch des Flood Prevention Centers der Stadtverwaltung BMA deutlich. Während Bangkok viele Ressourcen aufwendet, um der Problematik extremer werdende Starkregenereignissen und damit einhergehender Überflutungsgefahr entgegenzuwirken, berichteten die Berliner Delegierten von den Folgen einer sich veränderten Umwelt, wie den durch die Klimaerwärmung immer häufiger auftretenden Trockenperioden und ihren Auswirkungen auf die Stadtnatur. Hier konnten wir von unseren Lösungsansätzen im Kontext von agilem Prototyping berichten. Mit Gieß den Kiez haben wir eine Möglichkeit gefunden, Bürger:innen in den Erhalt der Stadtbäume einzubinden und mit QTrees erforschen wir, wie Künstliche Intelligenz helfen kann, den sogenannten Trockenstress bei Bäumen schon im vornherein zu verhindern. Projekte, die auf viel Interesse bei den Delegierten der Partnerstädte gestoßen sind.

Besuch des Flood Prevention Centers in der Bangkoker Stadtverwaltung / Credit: Smart Change PR

Austausch mit der Bangkoker Stadtverwaltung zum Thema Stadtplanung / Credit: Smart Change PR

Technologische Lösungen vs. Kulturwandel: Wie sich das Verständnis von Smart Cities unterscheidet

Was macht eine Stadt eigentlich smart? Das es auf diese Frage keine einfache Antwort gibt, zeigte sich im gemeinsamen Austausch der Partnerstädte. Smart zu agieren, bedeutet in der Berliner Lesart nicht lediglich Digitalisierung umzusetzen, sondern viel mehr künftigen Herausforderungen kreativ, offen, zweckmäßig und partizipativ zu begegnen. Die im Dezember veröffentliche Strategie Gemeinsam Digital: Berlin, die durch das CityLAB Berlin begleitet wurde, dient als Kompass für diese neuen Arbeitsweisen und Kooperationsformen, agilere Strukturen, sowie den systematischen Wissenstransfer zwischen Verwaltung und Stadtgesellschaft.

Im direkten Austausch wurden die verschiedenen Blickpunkte auf das Konzept Smart City deutlich. Im NEXT Creator Space beispielsweise, einem Zentrum für die Zusammenarbeit von Unternehmen, öffentlichem Sektor und Wissenschaft, werden junge Menschen und Start-ups gefördert, um state-of-the-art Technologien zu nutzen. Virtual Reality, Digitale Stadtzwillinge, KI-Gesichtserkennung und andere digitale Lösungen stehen hier im Fokus. Das FutureTales Lab, ein privat-finanziertes Zukunftsforschungszentrum, geht noch einen Schritt weiter und thematisiert die Technologie von übermorgen. Es soll Stakeholdern Entscheidungshilfen für die Planung einer besseren Zukunft bieten. Hier wurde uns eine Vision des Bangkoks im Jahr 2050 vorgestellt, das sowohl innovativ wie auch funktional ist und Spitzentechnologien einsetzt. In den Räumen des FutureTales Lab durften wir in einem Input Vortrag von der Mission des CityLABs und unseren Überzeugungen zu Open Data und Open Source berichten und so die verschiedenen Ansätze gegenüberstellen.

Besuch der Ausstellungsräume des FutureTales Lab / Credit: Smart Change PR

 Vorstellung der Arbeit des CityLAB vor den Delegierten im FutureTales Lab / Credit: Manuel Risch

Community trifft Verwaltung: Wie man sich in Ari ein Innovationslabor nach Vorbild des CityLABs wünscht 

Den wohl spannendsten Austausch der Reise erlebten wir in der Ari-Nachbarschaft abseits der touristischen Highlights der Stadt. Der sogenannte Happy Ari District ist ein gemeinschaftliches Engagement von Anwohner:innen, die eine besondere Dynamik in das Gebiet bringt. Von der Konzipierung einer eigenen Währung für lokale Geschäfte, über gemeinschaftliche Hydroponic-Projekte bis hin zur Etablierung eines Online-Vermittlungsdienstes für die Beförderung mit elektrifizierten Tuk Tuks – der Schlüssel liegt im Zusammendenken von Wissenschaft, Kunst, Wohnen und Mobilitätsintegration. Was jedoch fehlt, ist eine konkrete Partnerschaft mit der lokalen Verwaltung – ein Aspekt, bei dem wir viel von unseren Erfahrungen berichten konnten. Einen ganzen Nachmittag lag lud uns die Ari-Community daher zu einer gemeinsamen Design-Thinking-Sitzung ein, um herauszufinden, wie ein CityLAB nach dem Vorbild Berlins in Ari aussehen könnte, und wie man offene Daten und agile Methoden für Projekte nutzen kann.

Workshop im Happy Ari District / Credit: Smart Change PR

Leitfragen im Design-Thinking-Workshop / Credit: Lisa Stubert

Die Umgestaltung von Kiezen, die Anpassung an ein sich wandelndes Klima, der verantwortungsvolle Einsatz von Technologien: Diese Reise hat einmal mehr gezeigt, dass schlaue Köpfe sich über Themen wie diese nicht nur in unserer Berlin Bubble kümmern, sondern in wachsenden Städten weltweit. Neben Unterschieden und verschiedenen Ausgangslagen finden sich doch immer wieder viele ähnliche Ansätze und Schnittstellen. Deshalb sind wir dankbar für den Austausch und verfolgen die Fortschritte in Bangkok und Jakarta gespannt, um auch in Zukunft voneinander lernen zu können.