Das Kiezlabor ist wieder auf Entdeckungsreise

Die Tour des Kiezlabor durch Berlin geht weiter: 1. Halt ist in Gropiusstadt

Von Nora Eilers

Das Kiezlabor ist wieder unterwegs und unser erster Standort führte uns ins Herz von Neukölln, genauer gesagt nach Gropiusstadt unter dem Motto „Gropiusstadt neu entdecken“. Doch was macht eigentlich eine gute Entdecker:in aus? Dazu gehören sicherlich Neugier, Anpassungsfähigkeit, fundiertes Wissen und Vorbereitung, Beobachtungsgabe, Respekt vor der Umwelt und Kreativität – und das ist genau das, was das Kiezlabor auszeichnet! 

Als erstes haben wir uns also ganz im Stil traditioneller Entdecker:innen mit lokalen Akteuren und Initiativen vernetzt, um auf ihrem vorhandenen Wissen unsere Vorbereitung aufzubauen. Gemeinsam haben wir vom 23. bis 31. Mai ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt. Wie wir uns als Entdecker:innen in Gropiusstadt geschlagen haben und was wir Neues in der Umgebung gelernt haben, erfahrt Ihr in diesem Blogbeitrag. 

Auftakt voller Überraschungen: Unsere erste Erkundung in Gropiusstadt

Beim ersten Aufbau unseres Containers wurde uns schnell bewusst, dass wir nicht mehr so geübt waren wie im letzten Jahr. Das Auspacken der Kisten und die Vorbereitung des Kiezlabor dauerte eine ganze Weile. Doch Gropiusstadt empfing uns mit strahlendem Wetter und bereits vielen Besucher:innen. Der erste Eindruck: Wir wurden selbst schnell zur Entdeckung für die Menschen aus dem Kiez!

geöffnetes Kiezlabor in Gropiusstadt
Der Container öffnet wieder seine Türen – jetzt gibt es kein Halten mehr für das Team Kiezlabor!
Das Kiezlabor in Gropiusstadt
Nach dem ersten Aufbau wurde uns erst richtig bewusst: Jetzt geht es wieder los!
Eine Person topft Pflanzen um
Nicht nur das Wetter war frühlingshaft – der Container wurde endgültig aus dem Winterschlaf

Am zweiten Tag erhielten wir bereits besonderen Besuch: Der Bezirksbürgermeister Martin Hikel kam persönlich ins Kiezlabor, um mit den Bewohner:innen ins Gespräch zu kommen! Hikel nahm sich ausgiebig Zeit, um Fragen zu beantworten und Impulse der Anwesenden aufzunehmen. Dabei wurden zahlreiche Themen angesprochen, die die Menschen in Gropiusstadt bewegen: Mieten, Barrierefreiheit, Gesundheitsversorgung und Sauberkeit, um nur einige zu nennen. 

In der entspannten Atmosphäre des Kiezlabor wurde deutlich, wie konstruktiv ein solcher persönlicher Austausch sein kann, um die Bedürfnisse der Nachbarschaft zu erkennen oder, um unserem Motto treu zu bleiben: zu entdecken! Der unmittelbare Kontakt ermöglichte es den Bewohner:innen, ihre Anliegen und Sorgen direkt zu kommunizieren und gemeinsam mit der Politik nach Lösungen zu suchen.  

Viele Menschen bei einem Workshop vor dem Kiezlabor
Die Nachbarschaft versammelt sich, um mit Bezirksbürgermeister Martin Hikel ins Gespräch zu kommen.
Ein Junge mit dem Rücken zur Kamera spricht vor dem Kiezlabor in ein Mikrofon.
Im Kiezlabor hat jede:r die Möglichkeit, sich zu äußern und Fragen zu stellen.
Viele Menschen bei einem Workshop vor dem Kiezlabor
Beim Treffen mit dem Bürgermeister kam es zu einem gelungenen Dialog zwischen Politik und Bewohner:innen.

Entdecken kennt keine Altersgrenzen!  

Unser Programm war so vielfältig wie Gropiusstadt selbst, und wir haben uns bemüht, Jung und Alt einzubeziehen – sowohl um Neues zu entdecken als auch einen frischen Blick auf das Bekannte zu werfen! 

In diesem Jahr dürfen zum ersten Mal bereits 16-Jährige an der Europawahl teilnehmen! Am Aktionsstand des Kinder- und Jugendbüros Neukölln wurde spielerisch über die U16-Wahl und die Europawahl im Allgemeinen informiert. Jugendliche hatten zudem die Möglichkeit, direkt vor Ort ihre Stimme abzugeben. Auch beim Mitmach-Laden, einer bezirklichen Anlaufstelle für Beteiligung in Neukölln, konnten Jugendliche aktiv teilnehmen und ihre eigene Freifläche im Kiez, den Gropi-Park, selbst gestalten. Bereits im Juli startet eine Bauwoche mit den Jugendlichen unter Anleitung des Bauhaus-Archiv und der Stadtteilkoordination Gropiusstadt, bei der Jugendliche die zuvor eingebrachten Ideen zur Umgestaltung selbst umsetzen können. Im Kiezlabor wurde dafür schon fleißig abgestimmt, welche Vorschläge am besten ankommen. Lukas Schulte, vom Mitmach-Laden, war sogar noch mobiler als das Kiezlabor, denn sein Informationsstand war an einem Fahrrad angebracht. Schulte erklärte, dass ihr Ziel nicht nur darin bestehe, die Menschen zu informieren und zuzuhören, sondern vor allem, ein Vermittler zwischen den Bewohner:innen von Neukölln und der örtlichen Politik zu sein. Schulte fügte hinzu, dass die Hauptbeschwerden der Menschen die begrenzten Grünflächen in der Umgebung und die negative Medienberichterstattung über ihr Viertel waren. Deshalb freute er sich besonders über einen kürzlich eröffneten Park in der Umgebung, der barrierefreier und umweltfreundlicher gestaltet wurde. 

Es war für unser Team immer wieder erfreulich, Begegnungen zwischen Jung und Alt zu beobachten. Während beispielsweise ein Kind am U16-Wahlstand interagierte und laut fragte, was eigentlich „EU“ bedeutet, erklärte eine anwesende Seniorin es so eindrücklich, dass sich sofort eine kleine Gruppe von Zuhörenden um sie bildete. 

Viele Menschen vor dem Kiezlabor
Beim Mitmachen-Laden waren Jugendliche gefragt, ihre Umgebung aktiv mitzugestalten!
Kinder vor dem Glücksrad am Kiezlabor
Auch unter 16-Jährige fanden Gefallen an dem Angebot. Das Kiezlabor bereitet sich also auch schon auf die nächsten Wahlen vor!
Informaterialien zur Europawahl auf einem Tisch
Jetzt wird gewählt! Im Kiezlabor hatten Jugendliche die Möglichkeit, sich leicht zur U16 Wahl zu informieren.
Mehrere Leute reden vor dem Kiezlabor
Nicht einmal das Kiezlabor ist so mobil wie der Mitmach-Laden in Neukölln!

Es gab auch erneut Kaffee und Kuchen im Kiezlabor, denn das Seniorennetz war wieder vor Ort, um ihr Angebot vorzustellen. Es wurde praktisch an seniorengerechten Tablets geübt und die Online-Plattform Seniorennetz, die sämtliche Freizeitangebote, Veranstaltungen und Orte speziell für ältere Menschen anzeigt, gemeinsame erkundet. Melanie Thoma vom Seniorennetz war begeistert vom Austausch und der Möglichkeit, individuell auf die Menschen eingehen zu können – für sie war es ganz unverhofft eines der besten Meetups. Und auch Erwin Bender, Vorsitzender des Landesseniorenbeirates, war überrascht, wie zwanglos und euphorisch die Leute zusammenkamen und berichtete von interessanten Gespräche – sowohl mit den Aktiven vor Ort als auch mit den Senior:innen. So verbindet das Kiezlabor virtuelle und analoge Entdeckungsreisen! 

Eine Gruppe von Menschen sitzt um einen mobilen Tisch vor dem Kiezlabor
Bei Kaffee und Kuchen kommt man immer noch am schönsten zusammen – das weiß auch das Seniorennetz!
Eine Gruppe von Menschen sitzt um einen mobilen Tisch vor dem Kiezlabor
Gemeinsam werden die Angebote der Online-Plattform erkundet.

Auf Erkundungstour durch die Umgebung: Ein Kiezlabor zum Schmecken, Hören und Fühlen  

Ein neugieriger Entdeckergeist empfindet immer besondere Freude bei der Erkundung der Natur – so geht es auch dem Kiezlabor! Gemeinsam mit Naturcoach Simka und einer Gruppe Besucher:innen machten wir einen Frühlingsspaziergang durch die Nachbarschaft und fanden eine köstliche Auswahl an vertrauten und anfängerfreundlichen Kräutern und Blumen, die danach im Kiezlabor direkt zubereitet und verspeist wurden. 

Mehrere Personen verschiedenen Alters auf einem Parkweg
Jetzt wird es wild! Kurzzeitig fühlten wir uns eher wie im Amazonas als wie in Gropiusstadt.
Verschiedene Menschen probieren Kräuter an einem Tisch
Gropiusstadt scheint zu schmecken!
Eine Hand die eine Pflanze hält
Dieses Mal entdecken wir mit den Augen UND dem Mund. Simka zeigt, was essbar ist und was nicht!

Auch Themen wie Foodwaste und Foodsharing liegen uns sehr am Herzen. Die „Berliner Ernährungscoaches“ von RESTLOS GLÜCKLICH e. V. haben zum Lebensmittelretten inspiriert. Vor Ort gab es neben Informationsständen und einem interaktiven Entdeckungsangebot auch leckere Zero-Waste-Snacks und gerettete Lebensmittel zum Mitnehmen für die Besucher:innen.  

Matthias Krebs, Leiter des Projekts „Lebendige Gropiusstadt„, das sich mit Foodsharing, Repair Café und Urban Gardening beschäftigt, informierte über die verschiedenen Standorte im Kiez, an denen Kühlschränke stehen und die Menschen die Möglichkeit haben, Essen abzugeben oder mitzunehmen. „Wir möchten die Leute vor Ort abholen und sie Schritt für Schritt an die Idee von Foodsharing heranführen,“ sagt Krebs im Gespräch. „Bisher haben wir einen Kühlschrank im Waschhaus-Café – aber ein zweiter und dritter Kühlschrank sind bereits geplant. So entsteht ein richtiges Foodsharing-Netzwerk in Gropiusstadt, bedingungslos und erwartungsfrei!“ 

Eine Person spricht in ein Mikrofon. Verschiedene andere Menschen sitzen an Tischen davor
Das Thema Foodsharing wird gemeinsam diskutiert.
Verschiedene Brötchen auf einem Tisch. Dazu ein Zettel: "Dies ist ein FAIRTEILER -> zu verschenken"
sharing is caring: Das Foodsharing-Netzwerk soll in den nächsten Jahren noch ausgebaut werden.

Echte Entdecker:innen sind aber natürlich nicht nur tagsüber aktiv, denn auch abends gibt es in Gropiusstadt einiges zu erkunden. Gemeinsam mit dem britischen Künstler Jeremy Knowles spazierten die Besucher:innen in einem Soundwalk zum Thema Lichtverschmutzung durch die Gegend. Die Erzählung wurde dabei aus der Perspektive von Motten erzählt, die den Zuhörer:innen ihre nächtlichen Erlebnisse rund um Straßenlaternen in Berlin berichtete. Mehr Entdeckerspirit geht wohl kaum und nebenbei werden die Besucher:innen spielerisch mit den Themen Lichtverschmutzung und Stadtökologie vertraut gemacht.  Am Ende gab es natürlich wieder Snacks –die hatten aber nichts mit Motten zu tun!  

Eine Gruppe steht im Kreis vor dem Kiezlabor
Der britische Künstler Jeremy Knowles fordert die Besucher:innen dazu auf, ihre Umgebung einmal mit den Ohren zu erkunden!

Ein Abschied, der schwerfällt 

Auch die schönste Entdeckungsreise muss einmal enden, denn das Kiezlabor muss mit dem gesammelten Wissen zum nächsten Standort weiterziehen! 

Ganz wichtig ist jedoch, dass am Schluss noch einmal alle zusammenkommen für einen krönenden Abschluss! Die DEGEWO veranstaltete die „Lange Tafel“, bei der neben vielerlei Köstlichkeiten auch Möglichkeiten zum Beantragen eines Balkonsolarmoduls, ein Workshop zur Qualität des Bodens und Sportangebote für die Nachbarschaft aufgetischt wurden! 

An dieser langen Tafel hat sich gezeigt, was Gropiusstadt ausmacht. Wir haben auf unserer Entdeckungsreise viele neugierige und wissbegierige Menschen kennenlernen dürfen, die aktiv mit den engagierten Vereinen und Initiativen vor Ort kontinuierlich an einem bunteren Kiez arbeiten. Herzlichen Dank für diese großartige Erfahrung! 

Eine Person spricht in ein Mikrofon. Verschiedene andere Menschen sitzen an Tischen davor
Bei der „Langen Tafel“ einem Gemeinschaftsprojekt des Bezirksamts Neukölln und der DEGEWO kommt die ganze Nachbarschaft zusammen.

Ihr habt direkt Lust bekommen, das Kiezlabor einmal live zu erleben? Dann findet Ihr uns vom 03. – 14. Juni auf auf dem Campus der HTW in Lichtenberg, wo es wieder viel zu entdecken gibt, versprochen!