Wie schnell die Zeit vergeht? Kaum saßen wir im letzten Winter beim ersten Community-Treffen des Jahres am Platz der Luftbrücke, und schon riecht es wieder nach Spekulatius. Wir wollen kurz innehalten und die mancherorts ruhigeren Tage nutzen, um das Jahr im Kontext der Smart City Revue passieren zu lassen – mit Fokus auf drei Themen:
- Lernen und Wirkung in der GD:B-Community – Schwerpunkte und Erkenntnisse des Jahres.
- Maßnahmenbegleitung im CityLAB – Einblicke im Interview mit Smart City-Expertin Anja Lüttmann.
- Highlights aus der Strategieumsetzung – Erfolgreiche Projekte und Ausblicke auf 2024.
Wirkung sehen, Wirkung messen, an Wirkung orientieren
Gemeinsam Digital: Berlin ist keine Strategie wie jede andere. Die Strategie ist als lebendiges Dokument angelegt, welches das Smart City-Ökosystem ins kontinuierliche Lernen bringen möchte. Das zeigt sich beispielsweise in den vorgeschlagenen Umsetzungsmodell für die Maßnahmen: Agiles Arbeiten, schnelles Erproben von Prototypen, Nutzendenzentrierung – all diese Komponenten zielen auf bedarfsgerechte Ergebnisse und schnelle Lerneffekte ab. Darüber hinaus gibt es aber auch weitere Faktoren, wie beispielsweise die engmaschige Begleitung der Maßnahmen durch das GD:B-Team (etwa mittels Service Design und Prototyping), und die Vernetzung und der Austausch der Maßnahmen untereinander, zum Teilen von Learnings und Erzeugen von Synergieeffekten. Ein Kernthema des diesjährigen Austausches war Wirkungsorientierung in der Smart City. Für wen messen wir Wirkung? Wie stellen wir Wirkung fest? Was ist das richtige Framework für unsere Wirkungsorientierung? Wie viele Ressourcen benötigt Wirkungsorientierung?
Auch wenn alle Teams wirkungsmotiviert sind, waren die Diskussionen um das Thema wichtig, um Zweifel, Methodenfragen und Berührungsängste gemeinsam zu lösen. Konsequente Wirkungsorientierung stellt unhinterfragte Annahmen durch Reflexion zur Disposition, und kann, wenn methodisch informiert, regelmäßig und strukturiert durchgeführt, Projekte maßgeblich stärken.
Auch die GD:B-Jahreskonferenz, stand dieses Jahr ganz im Zeichen von Wirkung. Neben interaktiven Austauschformaten sensibilisierte Prof. Dr. Sascha Friesike für die Rolle von Fehlerkultur: Ohne das Eingestehen von Fehlern, erkennen wir nicht, was nicht funktioniert hat und können entsprechend nur schwierig nachsteuern.
Ein Leitfaden für nachhaltige Wirkungsorientierung
Das Team GD:B hat über den Jahresverlauf hinweg einen Leitfaden zur Wirkungsorientierung erarbeitet, der versucht alle wichtigen, aktuellen Trends und Strömungen in diesem Bereich aufzugreifen und weiterführende Literatur zu Themen anzubieten.2 Mit dessen Hilfe können sich Projektteams von Theorien des Wandels (IOOI-Ketten), die ihren Wirkmechanismus skizzieren zur Formulierung von Zielen und deren Monitoring vorarbeiten. Neben dem Wirkungsmonitoring, das MPSC-Förderprojekte für die Koordinierungs- und Transferstelle der Förderlinie einreichen, soll die Wirkungsmessung der Maßnahmen auch für die Smart City-Community transparent gemacht werden. Über ein digitales Template, welches durch das GD:B-Team bereitgestellt wird, sollen die Maßnahmen ihre Ziele und Ergebnisse veröffentlichen können.
Wirkungsorientierung, insbesondere mit Blick auf die Verstetigung der Maßnahmen für einen längerfristigen Impact, wird uns auch in den nächsten Jahren weiter beschäftigen.
Bedarfsgetriebene Unterstützung der Maßnahmenteams
Die enge Maßnahmenbegleitung durch das GD:B-Team ist, neben dem partizipatorischen Ansatz, einer der Kernpunkte, der Gemeinsam Digital: Berlin von anderen Strategien unterscheidet. Maßnahmenteams werden nicht allein in den Umsetzungsprozess geschickt, sondern erhalten, je nach Phase in der sie sich befinden, maßgeschneiderte Unterstützungsangebote, Methoden und Leitfäden, sowie Workshops zur Innovationsbegleitung. Smart City-Designerin Anja Lüttmann berichtet aus dem Jahresverlauf:
Was heißt das, Maßnahmenbegleitung?
Die GD:B-Strategie gibt durch Wertekompass3 und Umsetzungsmodell4 eine klare Richtung für Digitalvorhaben in Berlin vor. Dabei geht es unter anderem um agiles und gemeinwohlorientiertes Arbeiten. Wir unterstützen die Maßnahmen dabei dieses Vorgehen mit der individuellen Projektplanung zu vereinen und bei Bedarf nachzujustieren. Unter unserer methodischen Anleitung finden Workshops statt, in denen wir Themen wie Ziele und Wirkungsmessung, Nutzer:innenzentrierung oder Lernerfahrungen mit den Projektteams bearbeiten.
Was waren deine Highlights im Rahmen der Maßnahmenbegleitung dieses Jahr?
2022 zum Start der Maßnahmenbegleitung haben wir uns vorgenommen die methodische Begleitung iterativ zu entwickeln und zu erweitern, basierend auf den Bedürfnissen der Maßnahmen. Wir haben zwei Jahre intensive User Tests hinter uns und haben es geschafft am Ende ein rundes Unterstützungsangebot zu gestalten. Aktuell überlegen wir, wie wir diese Formate und Methoden auch außerhalb vom GD:B-Kontext nutzbar machen können.
Gibt es schon Ideen für das nächste Jahr?
Die Begleitung der Smart City-Maßnahmen geht natürlich weiter. Einige Maßnahmen haben ihre Prototypen getestet und arbeiten das Feedback in ihre Lösungen ein. Jetzt geht es darum Projektergebnisse zusammenzuführen und so aufzubereiten, das einer Verstetigung nichts im Wege steht. Wissenstransfer spielt dabei weiterhin eine große Rolle.
Das Jahr 2024 mit Blick auf die Maßnahmen
Maßnahmenbegleitung ist kein Selbstzweck – im letzten Abschnitt wollen wir also ein paar Schlaglichter aus den Maßnahmen selbst teilen: Sowohl über das Bundesprogramm geförderte Pilotmaßnahmen, als auch über Maßnahmen aus dem weiteren GD:B-Kontext.
Das Kiezlabor, das Berliner Tiny House für digitale Transformation, quasi ein CityLAB in klein, hat mit sieben Standorten und mehr als 100 Veranstaltungen eine intensive, zweite Saison hinter sich. Die Kiezbox zur Notfallkommunikation im Krisenfall verfügt über einen funktionsfähigen Prototypen, kann einen ersten abgestimmten Standort in Berlin vorweisen und machte große Schritte Richtung Proof of Concept. Die Pilotmaßnahme Smarte Partizipation kämpfte sich erfolgreich durch die Tücken der Ausschreibung einer Open Source-Anwendungsentwicklung. Ähnlich erfreulich war das Jahr für die Pilotmaßnahme Smart Water: Unterschiedliche Produkte zum Thema blau-grüne Infrastruktur befinden sich in verschiedenen Phasen der Entwicklung, des Tests: ein BGI-Planer für die Verwaltung, ein Hochwasser-Infoportal und Lernspiel für die Öffentlichkeit.
Drei Maßnahmen wollen wir beispielhaft etwas genauer in den Blick bezüglich 2024 nehmen:
SMART SPACE Hardenbergplatz – mehr Aufenthaltsqualität für das Gemeinwohl
Jede Person, die schonmal am Hardenbergplatz in Berlin gewesen ist, weiß, wie schwierig es eine Maßnahme hat, die die Besserung der dortigen Aufenthaltsqualität zum Ziel hat. Jede Person, die das Maßnahmen-Team kennt, weiß – wenn es jemand schafft, dann sie!
2024 über die Sommermonate hat die Maßnahme SMART SPACE einen Pre-Test auf dem Hardenbergplatz durchgeführt. Ein Ergebnis der Maßnahme wird sein, dass Bürgerinnen und Bürger mittels einer digitalen Verhandlungsplattform eine Sondernutzungsgenehmigung für den öffentlichen Raum beantragen können. Belebter, vielseitig genutzter öffentlicher Raum soll die Aufenthaltsqualität steigern. Auf gekennzeichneten Flächen des Platzes, können somit Vereine, Initiativen und dergleichen mehr eine möglichst gemeinwohlorientierte Nutzung anmelden: von Sprechstunden und Informationsformaten, bis Flohmärkten, Konzerten ist alles denkbar. Der Sommer 2024 bot hier einen Vorgeschmack auf das zu Erwartende: Vom Schausägen des Sägewerks Grunewald zur Anwerbung von Auszubildenden, den Klängen von „Soul im Kiez“ bis hin zur Ko-Kreation eines schöneren Hardenbergplatzes mit Schüler:innen.
Für das Maßnahmenteam war der Pre-Test extrem wichtig und lehrreich. Für das Folgejahr steht nun an: Testergebnisse in die Arbeit zurückführen und Verstetigung des Prototypen.
Data & Smart City Governance – ein interaktiver Ratgeber für Smart City-Maßnahmen
Data Governance ist eines der zentralen Querschnittsthemen in Smart City-Vorhaben. Die Maßnahme Data & Smart City Governance entwickelt einen interaktiven Wegweiser für Smart City-Maßnahmen mit Datenbezug. Sie stattet also Projekte mit Material zum Nachlesen, mit Methoden, Vorlagen, Formaten und Best-Practice-Beispielen aus, und unterstützt auf diese Weise dabei, die entscheidenden Fragen zu stellen und strukturiert zu lösen. Dadurch soll ermöglicht werden, Maßnahmen unter Berücksichtigung ihrer rechtlichen, organisatorischen und technischen Anforderungen zum Erfolg zu führen und nicht unnötig einzuschränken, bspw. aus Sorge vor datenschutzrechtlichen Risiken.
In diesem Jahr hat das Maßnahmenteam den Wegweiser in unterschiedlichen Formaten kontinuierlich getestet, um die Anbindung an die Bedarfe der Zielgruppen sicherzustellen – als Workshop beim MPSC-Kongress in Köln, oder im Rahmen von User Tests mit ausgewählten Verwaltungsmitarbeitenden in ganz Deutschland. Die zahlreichen Learnings fließen in die fortwährende Weiterentwicklung des Ratgebers ein und stellen größtmögliche Nutzendenorientierung sicher.
Digital-Zebra und die Smart City für Seniorinnen und Senioren: Digitale Teilhabe für alle
Eine Zielgruppe, die bei smarten Städten gerne übersehen wird, sind Seniorinnen und Senioren – Berlin ist hier wiederum vorne dabei: ob durch niedrigschwellige Unterstützung per Telefon mit dem Infotelefon vom Silbernetz, der digitalen Karte für das Auffinden von spezifischen Angeboten für ältere Menschen des Seniorennetzes oder dem Digital-Zebra der Berliner Bibliotheken – der Vor-Ort-Beratung mit Digital-Lots:innen zu unterschiedlichen Themen der digitalen Teilhabe.
Letzteres ist nicht nur für Senior:innen relevant, sondern auch für andere Gruppen die wenig Zugang zu digitalen Medien haben oder denen Wissen über digitale Angebote fehlt. Das Digital-Zebra ist inzwischen in allen Berliner Bezirken vertreten, mit insgesamt 22 beitragenden Bibliotheken. An insgesamt 12 Standorten läuft der Service bereits operativ, wird dabei stetig evaluiert und nutzer:innenorientiert weiterentwickelt. Mittels Hospitationen und 60 Schulungen in diversen Themenfeldern von Barrierefreiheit bis Cyberkriminalität wurden die Digital-Lots:innen auf ihren Einsatz vorbereitet. Mit Beiträgen von RBB, ARD und ZDF erhält das wichtige Thema digitaler Teilhabe auch durch die Arbeit des Digital-Zebras die heutzutage so wichtige Aufmerksamkeit.
Ihr seht: Die Strategieumsetzung ist in vollem Gange. Wir lernen mit und von ihr und freuen uns Euch weiterhin regelmäßig darüber zu berichten.