Zum zweiten Mal kam die Community, die sich im Kontext der Berliner Smart City- und Digitalstrategie Gemeinsam Digital: Berlin gebildet hat, im Festsaal des Roten Rathauses zusammen. Organisiert von der Senatskanzlei, dem CityLAB, Politics for Tomorrow und der Smart City Unit von Berlin Partner fand die GD:B-Jahreskonferenz statt. Mit einer bunten Mischung aus Gestalter:innen von Maßnahmen-Teams, öffentlicher Verwaltung, organisierter Zivilgesellschaft und Bürger:innen wurde ein abwechslungsreicher Tag ganz im Namen dessen verbracht, was diese Strategie so besonders macht: dem gemeinsamen Lernen durch zielgerichteten Wissenstransfer und Austauschmöglichkeiten.
Um nicht, wie so manche verabschiedete Strategie, in der Schublade zu verstauben, wurden damals im Strategieprozess dynamische Elemente eingebaut, die dafür sorgen sollen, dass sich die lebendige Strategie stetig fortentwickelt: Eine starke Umsetzungsorientierung, eine zeitgemäße, agile Prozessgestaltung bei der Maßnahmenumsetzung und unterschiedliche Formate des Wissenstransfers zwischen Maßnahmen – aber auch innerhalb der Berliner Smart City-Community.
Hierzu gehört auch die jährliche Mitmachkonferenz – richtig gelesen, mitmachen, nicht nur zuhören! In Gruppenarbeitsphasen, einem Expert:innenpanel und einer Keynote wurde sich dem komplexen Thema Wirkung aus unterschiedlichen Richtungen angenähert. Was als “Wirkung” begrifflich abstrakt daherkommt, heißt nicht weniger als einen bemerkbaren Einfluss auf das Leben der Berliner Bürger:innen zu haben. Und das ist zweifelsohne ausgerufenes Ziel aller im GD:B-Kontext aktiven Organisationen und Projekte.
Was wir gelernt haben: Wirkung geht nicht ohne Fehlerkultur, Mut zum Umsteuern und kontextpassende Methoden.
Niklas Kossow (Bereichsleiter Lead Smart City & Verwaltungsinnovation, CityLAB Berlin): Eine echte Fehlerkultur kommt nicht ohne psychologische Sicherheit aus. Erst wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, Fehler auch wirklich machen zu dürfen, kommen sie in die Situation, aus Fehlern auch lernen zu können, anstatt diese unter den Teppich zu kehren. Das war für mich das spannendste Learning der GD:B Jahreskonferenz – es stammt von Sascha Friesike und seiner inspirierenden Keynote. Eine gute Fehlerkultur geht für mich mit Wirkung Hand in Hand. Sie ermöglicht Experimentieren, Ausprobieren und Neues zu wagen. Sie stellt sicher, dass wir in der Wirkungsmessung ehrlich miteinander umgehen.
Wirkung bleibt ein kompliziertes Thema und eine Herausforderung für alle Beteiligten an der Umsetzung von Smart-City-Maßnahmen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, hat sich aber durch alle Gespräche bei der Jahreskonferenz gezogen – von der Paneldiskussion bis zum Tischgespräch. Dabei gibt es je nach Kontext verschiedene Ansätze. Allein die Frage, ob wir jetzt von Wirkungsmessung oder Wirkungsorientierung sprechen sollten, könnte ein Buch füllen. Im Endeffekt brauchen wir wohl beides: eine Wirkungsorientierung, die sich durch das Projekt zieht und an der sich die Umsetzung orientiert, und eine Wirkungsmessung, um uns zu ermöglichen, aus der Umsetzung auch zu lernen und uns zu verbessern.
Die GD:B Jahreskonferenz war wieder ein spannender Ort des Austausches, und gemeinsam mit Caroline Paulick-Thiel die Veranstaltung zu moderieren hat richtig Spaß gemacht. Ich freue mich auf den nächsten Austausch!
Markus Sperl (Projektmanager, CityLAB Berlin): Ich habe an diesem Tag Vieles gelernt. Wir haben uns im Rahmen der GD:B-Maßnahmenbegleitung, die wir als CityLAB für die Maßnahmenteams bereitstellen, dieses Jahr bereits ausgiebig mit Wirkung und Wirkungsorientierung beschäftigt – also sind wir dahingehend keine ganz unbeschriebenen Blätter gewesen.
Zum einen war es sehr spannend im Rahmen des Expert:innen-Panels zu hören, wie unterschiedlich die methodischen Ansätze in dem Bereich je nach Kontext sind. Im Panel ging es um Klimaschutzpläne, effiziente Kommunalverwaltung, Verwaltung auf Bundesebene und akademische Forschung zu Wirkung. Es gibt keine allgemeingültige Herangehensweise: sich mit Wirkungsorientierung zu beschäftigen heißt vielmehr, die richtigen Fragen an sich und die eigene Arbeit zu stellen und daraus folgend zu entscheiden, wie viel Aufwand ich bei der Datenerhebung betreiben kann, wie ein Feststellen meiner Projektwirkung methodisch überhaupt möglich ist, und dergleichen mehr.
Städte sind komplexe Systeme und die klare Feststellung eines kausalen Zusammenhangs zwischen Tun und Ergebnis oftmals nur in sehr isolierten Kontexten gut machbar. Was jedoch meistens möglich ist, ist nachvollziehbare Wirkungsnarrative zu finden und diese auch ausreichend zu kommunizieren, um die eigenen Anstrengungen sichtbar zu machen. Als Beispiel: Einer strengen, KPI-gesteuerten Wirkungslogik kann eine Maßnahme wie das Silbernetz, ein telefonisches Beratungsangebot für ältere Menschen, aus verschiedenen Gründen nur bedingt folgen – was sie allerdings seit Beginn sammeln, sind Geschichten und Momente der Dankbarkeit für die zielgruppenangepasste Unterstützung, die sie bieten. Diese eignen sich auch als qualitative Daten der Maßnahmenwirkung. Zeitliche Begrenztheit von Projekten ist auch eine große Herausforderung – wann setzt die Wirkung denn überhaupt ein, und wer sagt, ob das denn überhaupt noch “unsere” Wirkung ist?
Zum anderen hat der Speaker Prof. Sascha Friesike nochmal sehr schlüssig und unterhaltsam den Zusammenhang zwischen Fehlern, Fehlerkultur und Wirkung hergestellt. Man muss Fehler machen dürfen, bzw. einen Fehler, wenn er denn passiert ist, ansprechen und nicht als Erfolg kaschieren – auch das gehört zu Wirkungsorientierung dazu. Umsteuern zu können!
Blasius Walch (Projektmanager, Politics for Tomorrow):
Wir hatten einen besonderen Blick auf die Jahreskonferenz, da wir uns intensiv mit der inhaltlichen Vorbereitung zum Thema Wirkung beschäftigt haben. Durch den Input des Panels haben wir herausgehört, wie komplex das Thema Veranschaulichung von Wirkung ist, und dass man in vielen Fällen nicht mehr von Wirkungsmessung sprechen kann. Die Veranschaulichung von Wirkung erweist sich als herausfordernd, insbesondere wenn es darum geht, verschiedene Akteure und langfristige Effekte zu berücksichtigen. Diese Erkenntnis spiegelt sich auch in der Arbeit der Teilnehmenden wider, wie wir später in den Gruppenarbeiten feststellen konnten.
Für uns war es spannend zu sehen, dass das Thema Wirkung selbst (oder gerade) für Expert:innen dieses Themas sehr schwierig zu bearbeiten ist. Die große Frage, die bleibt, ist: Wie kann man komplexes Wissen über das Thema Wirkung mit einem Pragmatismus und einer “Can-Do”-Mentalität verbinden. Aus dem Panel nehmen wir mit: Dort starten, wo wir eben sind, Zeit für gemeinsame Reflektion nehmen.
In den Gruppenarbeiten haben wir die Teilnehmenden vor eine besondere Herausforderung gestellt: Sie sollten die Wirkung der Strategie GD:B und der Smart City in Berlin sichtbar machen. Für uns war das ein Experiment, denn auch im Team fällt es uns schwer, die Wirkung klar abzubilden. Trotz der Schwierigkeiten konnten wir jedoch wertvolle Hinweise gewinnen, die uns in unserer weiteren Arbeit unterstützen werden.
Ein wunderbares Beispiel, wie man ein komplexes Thema pragmatisch und mit Humor bearbeiten kann, haben wir dann in der Keynote erlebt. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung entspricht einem Kulturwandel – vom Schienenverkehr zum Segeln. Weniger vorgegebene Routen, mehr Anpassung und Navigation. Professor Friesike hat anschaulich dargestellt, dass dafür ein Hebelpunkt die psychologische Sicherheit in den Teams ist, weil erst dann Lernen durch begangene Fehler möglich ist. Die wichtigste Erkenntnis: Fehler sind nicht nur unvermeidlich, sondern notwendig, um Fortschritt zu ermöglichen. Sich mit dem Fehler Machen sicher zu fühlen ist somit essenziell für die digitale Transformation. Diese Lektion, verknüpft mit dem Bild des Segelns, bleibt sicherlich allen im Gedächtnis.
Fazit: Berlin auf dem Weg zur Smart City? Nur mit einer engagierten Community!
Was der Blick auf die Maßnahmen gezeigt hat: Es gibt dank der Strategie Gemeinsam Digital: Berlin eine gut vernetzte Sammlung an Maßnahmen, die Smart City dem Berliner Verständnis nach bürger:innenzentriert und vielfältig denken: Vom lebenswerten Stadtraum bis zu Unterstützungsangeboten für ältere Menschen, Data Governance, blaugrüner Infrastruktur, Beteiligung mittels Kiezkassen, einem mobilen Stadtlabor, Kommunikationsinfrastruktur für Notfälle und noch vielem mehr. Sie tauschen sich im Rahmen ihrer Umsetzung aus, lernen voneinander, teilen Wissen und das ist ein großer Vorteil für die Praxis. Jede dieser Maßnahmen arbeitet wirkungsorientiert, nach ihren Möglichkeiten, und wir werden weiterhin daran arbeiten, stetig besser darin zu werden. Und um sie herum, gibt es eine neugierige und aufmerksame Community, der die Stadt und ihre zukünftige Entwicklung am Herzen liegen. Wir freuen uns auf die kommenden Jahre von Gemeinsam Digital: Berlin!