Von Berlin nach Phnom Penh – urbane Zusammenarbeit für lebenswerte Städte

Ein Reisebericht aus Kambodscha und Vietnam

Von Yannick Müller – 23. Juni 2025

Was wäre, wenn Stadtentwicklung direkt den Fahrplan für eine menschzentrierte, nachhaltige und digitale Zukunft enthalten würde? Diese Frage stand auch im Zentrum der Delegationsreise, zu der das CityLAB Berlin eingeladen wurde. Was als Ausstellungsbesuch letztes Jahr in Berlin begann, hat sich zu einer lebendigen Kooperation mit Strahlkraft entwickelt.  

Dieser Beitrag dokumentiert unsere Eindrücke vor Ort aus der gemeinsamen Delegationsreise mit dem Forschungsprojekt Build4People und zieht inhaltliche Linien zu verwandten Erfahrungen in Paris, Jakarta, Bangkok und Kopenhagen und unseren Projekten, die heute globale Impulse für Urbanisierung setzen.

Wachstum gestalten: Phnom Penh im Wandel 

Phnom Penh, die Hauptstadt Kambodschas, gehört zu den am schnellsten wachsenden Städten Asiens. Dieser Wandel bringt Chancen und Herausforderungen mit sich: Verkehrsbelastung, Infrastruktur, Wohnraum, Digitalisierung. Genau hier setzt das Build4People-Projekt an, das initiiert von der Universität Hamburg und durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt wissenschaftliche Erkenntnisse in konkrete Planung überführt. In sechs Jahren gemeinsamer wissenschaftlicher Arbeit sind wertvolle Erkenntnisse entstanden, die einen vielfältigen Möglichkeitsraum für nachhaltige Stadtentwicklung öffnen. Ein Aufbau befindlicher Smart City Innovation Hub ist Teil davon. Ziel dieser sogenannten “Twin Transition”: Gemeinsam mit lokalen und internationalen Partnern neue Strategien und Werkzeuge für lebenswertere Städte in Kambodscha schaffen und dabei Nachhaltigkeit und Digitalisierung als parallele laufende Ziele als Querschnittsaufgabe voranbringen. 

Mit Stadtverwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft wird daran gearbeitet, analoge und digitale Werkzeuge, sechs Toolkits, zu entwickeln, die bessere Entscheidungen, Beteiligung und Datennutzung in der Stadtplanung ermöglichen. Als neue Projektpartner beabsichtigen wir gemeinsam mit dem Laboratory of Knowledge Architecture der TU Dresden in der Implementierungsphase nun zusätzliche Perspektiven einzubringen: Etwa zu kreativer Technologienutzung, urbaner Resilienz und neuen Beteiligungsformaten. Bereits in Paris oder Kopenhagen haben wir zuvor erlebt, wie Digitalisierung, Beteiligung und Stadtgestaltung zusammengedacht werden können.  

Geteilte Herausforderungen, gemeinsames Lernen: Von Ho-Chi-Minh-Stadt bis Jakarta 

Ein Höhepunkt: Neben Projektbesuchen, Gesprächen mit Partnern in Wissenschaft und Verwaltung sowie in Workshops mit der Royal University of Phom Penh, ging es für einen Kurztrip nach Ho-Chi-Minh-Stadt, der Hauptstadt des Nachbarlandes Vietnam und trafen Stadtplaner:innen zu einem intensiven Austausch. Der dort kürzlich entwickelte Masterplan (2040–2060) beeindruckte mit seiner Kombination aus grüner Infrastruktur, digitaler Transformation und öffentlichem Nahverkehr als Rückgrat des urbanen Lebens. Besonders bemerkenswert: Der klare Wille, moderne Technik mit lokaler Identität zu verbinden. Ein Ansatz, der auch in Phnom Penh zunehmend an Bedeutung gewinnt. 

Auch in Bangkok und Jakarta zeigt sich, wie Städte des globalen Südens auf ähnliche Fragen stoßen und dabei ganz eigene Antworten finden. In beiden Metropolen wurde deutlich, wie digitale Werkzeuge helfen können, informelle Stadtteile zu verbessern oder Verwaltungsprozesse partizipativ zu gestalten, sofern diese Werkzeuge kontextsensibel, niedrigschwellig und lokal verankert sind. 

Wissen teilen und aktiv gestalten: Stadtentwicklung als lernender Prozess 

Ob beim Besuch im Impact Hub Phnom Penh oder auf der Abschlusskonferenz hoch oben im Rosewood Tower: Überall wurde spürbar, dass Stadtentwicklung heute mehr ist als technische Planung – sie ist Teamarbeit, Haltungssache und ein langfristiger Lernprozess. Internationale Kooperationen wie Build4People bringen neue Perspektiven und Werkzeuge ein, die vor Ort weiterentwickelt und lokal verankert werden, getragen von einer jungen, engagierten urbanen Szene zwischen Coworking, Graffiti und partizipativer Praxis. 

Immer wieder kam dabei der Wunsch nach einem Ort auf, an dem Erfahrungen, Methoden und Erkenntnisse nicht verloren gehen – physisch wie digital. Hier knüpfen Formate wie der Wissensspeicher oder die Ausstellung des CityLAB Berlin an: Als offene Ressourcen, die Reallaborformate, Werkzeuge und Reflexionen dokumentieren. Gemeinsam mit dem Hub-Team vor Ort entstand die Idee, daraus eine adaptierbare Version weiterzudenken: Der Smart City Hub als lokaler Innovationsort, an dem lokale Kompetenz bündelt, sichtbar gemacht und gemeinsames Lernen ermöglicht wird, ähnlich wie in unserem Projekt Stadtlabor2Go. Die Erfahrungen aus dem LabCamp zeigen dabei: Dieser Ansatz funktioniert und digitale Werkzeuge müssen dabei nicht perfekt sein, sondern befähigen. 

Unsere letzten Delegationsreise haben ebenfalls verdeutlicht, wieviel schon möglich ist: In Paris zeigt sich, wie eng Digitalisierung und Kulturpolitik zusammenspielen können. Zum Beispiel in der Gestaltung öffentlicher Räume, wo Design, Daten und Teilhabe Hand in Hand gehen. Phnom Penh greift diese Perspektive auf, etwa durch die kreative Mitgestaltung durch Studierende. Kopenhagen wiederum steht für institutionalisierte Innovationspolitik und etablierte urbane Datenplattformen. Phnom Penh ist hier noch am Anfang; doch genau dieser Spielraum eröffnet Freiheiten für Experimente, neue Narrative und Prozesse, die auch europäische Städte inspirieren können. 

Fazit: Urbane Zukunft gemeinsam gestalten 

Was als punktueller Austausch begann, hat sich zu einem internationalen Lernfeld für Stadtentwicklung entwickelt, getragen von Zusammenarbeit, Offenheit und dem Mut, Neues auszuprobieren. Phnom Penh steht exemplarisch für viele Städte des globalen Südens, in denen urbane Transformation unter hoher Dynamik und mit großem Gestaltungswillen stattfindet. Gerade in diesen Kontexten zeigt sich, wie wichtig Partnerschaften sind, die auf Augenhöhe arbeiten, voneinander lernen und lokal verankerte Lösungen unterstützen. 

Der entstehende Smart City Innovation Hub hat das Potenzial, ein Ort des Transfers und der Reflexion über die urbane Zukunft zu werden. Diese entsteht nicht im Alleingang; sie ist gestaltbar und braucht entsprechende Aushandlungsprozesse, die Kontexte ernst nimmt, Vielfalt einbezieht und neue Wege ermöglicht. Diese Reise war ein Anfang und zugleich eine Einladung, gemeinsam weiter zu denken.  

Trotz aller Unterschiede ähneln sich die Herausforderungen und es lohnt sich, voneinander zu lernen. Der regionale und internationale Austausch eröffnet neue Perspektiven und macht deutlich, wie wichtig langfristige Strukturen sind, um aus punktuellen Projekten nachhaltige Transformationspfade zu entwickeln.