Offen zugänglich und transparent: Berlin Open Source

Von Ines Weigand

berlinopensource.de heißt eine neue Plattform, die von der Technologiestiftung Berlin mit Unterstützung des Berliner Senats gelauncht wurde. Die Webseite stellt IT-Projekte der Berliner Verwaltung und der TSB vor, die auf offene Software zurückgreifen – und stellt die Codes unter freier Lizenz zur Verfügung. Zielsetzung von berlinopensource.de: die Transparenz der öffentlichen IT-Landschaft zu verbessern und sie partizipativer zu gestalten.

Die Berliner Stadtbäume brauchen Wasser. Vor allem im Sommer leiden sie unter der Trockenheit. „Gieß den Kiez“ spendet Hilfe. Die von der Technologiestiftung Berlin (TSB) initiierte Webseite lokalisiert auf einer interaktiven Karte rund 625.000 Berliner Stadtbäume. Berlinerinnen und Berliner können sich über die Anwendung über Art und Alter der Bäume in ihrem Kiez informieren und auch den aktuellen „Wasserstand“ ablesen. Wer einzelne Bäume adoptiert und gießt, kann das auf der Karte markieren.

„Gieß den Kiez“ ist nur eines von derzeit elf Projekten, die auf der vor wenigen Wochen an den Start gegangenen Webseite berlinopensource.de gelistet sind. Weitere sind beispielsweise die Plattform „Shared Mobility Flows“, die Leihfahrrad-Routen in Berlin visualisiert, oder die interaktive Karte „Kita-Suche“, auf der sämtliche Berliner Kitas verzeichnet sind. Praktisch im Sommer: die Übersichts-Seite „Berliner Badestellen“ – mit tagesaktuellen Informationen zur Gewässerqualität in der Stadt. Gemeinsam ist allen diesen Anwendungen: Es handelt  sich um Open-Source-Projekte, die vom Land Berlin entwickelt wurden – bzw. mit dessen Unterstützung

berlinopensource.de – Potenzial schaffen für Verbesserungen

Übergreifender Ansatz der von der Technologiestiftung Berlin mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe an den Start gebrachte Seite: Sie stellt IT-Projekte der Berliner Verwaltungen sowie der Technologiestiftung Berlin vor. „Die einzige Voraussetzung ist, dass es sich um Projekte handelt, die von einer Berliner öffentlichen Verwaltung beauftragt oder gefördert wurden und dass ihr Quellcode unter einer freien Lizenz veröffentlicht worden ist“, erläutert Dr. Benjamin Seibel, Leiter des Ideation & Prototyping Lab der Technologiestiftung Berlin und Leiter des CityLAB Berlin. „Mit der Plattform möchten wir die Transparenz der öffentlichen IT-Landschaft verbessern und die Digital-Community in Berlin und darüber hinaus einladen, kollaborativ an der Entwicklung guter Software für unsere Stadt zu arbeiten.“ Denn wie in vielen Städten sei auch in Berlin die Verwaltungs-IT sehr intransparent. „Viele haben den Eindruck, dass es bei der Digitalisierung der Verwaltung nicht rund läuft. Aber von außen kann man kaum etwas tun, um daran etwas zu ändern, weil kaum jemand weiß, wie die Systeme tatsächlich aussehen. Open-Source-Software, also Software, deren Quellcode frei lizensiert und öffentlich einsehbar ist, bietet hier potenziell Abhilfe.“

Tatsächlich setzt die Berliner Verwaltung bereits an vielen Stellen Open-Source-Software ein, nur weiß das bislang kaum jemand. „Womit wir wieder bei der Intransparenz wären“, so Seibel: „Ein öffentliches Portal, auf dem Software, die von Verwaltungen eingesetzt oder finanziert wird, transparent dokumentiert wird, öffnet die Softwarelandschaft für Dritte. Sie bietet Unternehmen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen vielfältige Möglichkeiten, sich bei der Digitalisierung der Stadt einzubringen und zum Beispiel Verbesserungen vorzuschlagen.“

Vorteile für BürgerInnen, Verwaltung und Unternehmen

Grundsätzlich bietet der Einsatz von quelloffener Software Verwaltungen viele Vorteile: Die laufende Wartung und Weiterentwicklung der Software wird durch offene Quellcodes deutlich vereinfacht. Außerdem macht sich der öffentliche Sektor nicht von einzelnen Herstellern abhängig, weil ein offener Source Code grundsätzlich von jedem Dienstleister weiterentwickelt werden kann –  ggf. sogar vom Verwaltungspersonal selbst. Zugleich erhöht die Transparenz quelloffener Software die Sicherheit, weil Fehler oder Sicherheitslücken im Code leichter erkannt werden können, wie Benjamin Seibel bestätigt: „Die Zusammenarbeit der Verwaltung mit Dritten wird insgesamt deutlich erleichtert, wenn die eigene Softwareinfrastruktur offen, interoperabel und gut dokumentiert ist. Das sollte in öffentlichen Sektor schlicht Standard sein. Da Verwaltungen kein eigenes Profitinteresse haben, gibt es überhaupt keinen guten Grund, dass von ihnen entwickelte oder beauftragte Software nicht offen sein sollte. Im Gegenteil: Dadurch, dass sich offene Software so leicht wiederverwenden und weiterentwickeln lässt, gibt es enorme Einsparpotenziale, weil Verwaltungen sich den Code teilen oder ihn gemeinsam pflegen können.“

Technisch versierten Bürgerinnen und Bürger können sich über Open Source außerdem genauer darüber informieren, wie die Verwaltung digital arbeitet und was beispielsweise mit den dort verarbeiteten Daten passiert „Das hat man bei den Diskussionen um die Corona Warn App gut beobachten können, die ja ebenfalls ein Open-Source-Projekt ist“, so Seibel: „Viele Menschen konnten auf Grundlage des Codes mitdiskutieren, Sicherheitshinweise geben oder Verbesserungsvorschläge machen.“

Für Unternehmen ergeben sich durch die Nutzung für Open Source in der Verwaltung ebenfalls deutliche Vorteile, denn die Hürden zum Markteintritt werden durch eine höhere Transparenz deutlich gesenkt. Auch das ein Argument für berlinopensource.de. „Bislang ist der Markt im Bereich Verwaltungsdigitalisierung eher undurchsichtig. Nur wenige Dienstleister haben einen Überblick, welche Software dort überhaupt eingesetzt wird und wie sie funktioniert. Auf berlinpoensource.de kann sich jedes Unternehmen darüber informieren und anschließend zum Beispiel passgenauere Angebote erstellen. Gerade für kleinere, lokale IT-Unternehmen oder GovTech-Start-ups ist das eine große Chance.“

Das Berliner Beispiel der Open-Source-Projektplattform könnte bald Schule machen in anderen Städten und Kommunen. „Wir freuen uns, wenn andere unserem Beispiel folgen, da Open Source auch das Potenzial bietet, dass Städte voneinander lernen oder Softwareprojekte gemeinsam weiterentwickeln“, so IT-Experte Seibel. Eine städteübergreifende Datenbank sei derzeit jedoch nicht geplant. „Es wäre aber sicher ein spannendes Vorhaben.“  Vor Kurzem ging bereits die neue Anwendung „Leipzig gießt“ auf Basis des Berliner Quellcodes von „Gieß den Kiez“ an den Start. Die Bäume – ebenso wie die Bürgerinnen und Bürger der sächsischen Stadt – dürfte das angesichts der endlich sommerlichen Temperaturen sicherlich freuen.

Dieser Beitrag von Ernestine von der Osten-Sacken erschien im Original zunächst auf der Seite von smart-city-berlin.

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