Ein neues Kapitel für Verwaltungssprache: Der Sprach-O-Mat!

Ein Praxisbericht von Studierenden

Von Studierenden der Hochschule für Technisch und Wirtschaft Berlin (HTW)

Anträge für Behörden auszufüllen, ist eine Tätigkeit, die wahrscheinlich den wenigsten Menschen wirklich Spaß macht, noch einfach oder intuitiv erscheint. Wenn erschwerend der Umstand hinzu kommt, dass Menschen die Deutsche Sprache – und somit erst recht Behördendeutsch – nicht beherrschen, ist das Verzweifeln vorprogrammiert. Das stellt vor allem viele geflüchtete Menschen, die in Deutschland ankommen, vor große Herausforderungen. Und genau denen wollten wir mit unserem Projekt helfen.

Als Studierende im Master Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW), durften wir uns für das Modul “Projekt Wissensmanagement“ ein Projekt aussuchen, bei dem wir mit dem CityLAB Berlin genau diese Hürdeangehen konnten. Unser Ziel: Mit einer besseren Verwaltungssprache mehr Teilhabe ermöglichen! 

Als Studierende der Wirtschaftsinformatik ohne Fluchthintergrund haben wir versucht, uns in diese Situation hineinzuversetzen und zusammen mit dem CityLAB das vorprogrammierte Scheitern in programmierte Hilfe umzuwandeln. Um diese Herausforderungen anzupacken, haben wir einen Plan erstellt und diesen in Etappen aufgeteilt – diese möchten wir in dem folgenden Beitrag vorstellen.

Etappe 1: Der Kick-Off

Nachdem wir uns für das Modul angemeldet, als Gruppe zusammengeschlossen und das Projekt mit dem CityLAB ausgewählt hatten, haben wir uns die Anträge zusammen angeguckt.. “Anträge sind zu kompliziert”, hieß es. “Niemand versteht sie so richtig”, ging es weiter. “Eine einfache Lösung, um den Zugang zum Ausfüllen zu erleichtern, muss her”, wurde von allen Teilnehmenden beschlossen.

Etappe 2: Kein Weg ohne Ziel!

Selbst eine neue Serie auf Netflix auszusuchen, ist nicht einfach. Wir haben schnell gemerkt:  Eine einfache Lösung zu finden, wird nicht leicht!  Die Phase der vielen Fragen und Ungeklärtheiten begann. Zum Glück haben wir uns zeitnah vor Ort mit dem Team vom CityLAB  getroffen. Uns wurde ein Ansatz gezeigt, der mit Hilfe einer Sprachanalyse Behördenanträge untersuchte. 

Nach einer gründlichen Analyse haben wir uns entschlossen, den Prototypen in der Programmiersprache Python umzusetzen. Grund dafür war die vergleichsweise einfache Syntax und das große Ökosystem von offenen Bibliotheken und Softwarepaketen. 

Gleichzeitig fingen wir an, Menschen mit Fluchthintergrund zu befragen, um besser verstehen zu können, wo die meisten Verständnisschwierigkeiten aufkommen. Die Auswertung haben wir in die Umsetzung unseres Prototypen aufgenommen. Der Wunsch einer Übersetzung der Anträge in die eigene Muttersprache wurde uns am häufigsten genannt, aber auch das erforderliche Sprachniveau wurde oft als zu schwer verständlich eingestuft.

Etappe 3: Echte Hilfestellung

Zu Beginn galt es, zu identifizieren, was genau die Anträge so schwer verständlich macht. Wir mussten zusätzlich die Schwierigkeiten in Kategorien einordnen und mit Lösungen versehen. Die von uns erschaffene Anwendung prüft etwa, wie viele Sätze in dem Text sind, wie hoch das Sprachniveau ist und ob in dem Text zu lange Wörter auftauchen. Das Ganze findet auf einer Oberfläche statt, die für Behörden vom Stil her keinen zu großen Bruch darstellen sollte.

Etappe 4: Mehrwert für morgen?

Das Ziel der Vereinfachung ist damit natürlich noch nicht ganz gelöst. Nur weil wir analysieren können, warum ein Text kompliziert ist, hilft es den Antragstellenden noch nicht, ihren Antrag erfolgreich auszufüllen. 

Auch eine Wort-zu-Wort-Übersetzung ist hier keine Möglichkeit, denn viele Begriffe gibt es nur im Behördendeutsch. Ein Beispiel: Der Unterschied zwischen einem “unbeschränkten” und einem “beschränkten” Asylantrag? Hierfür benötigt es eine Datenbank und vor allem sehr viel Arbeit derjenigen, die diese Begriffe entschlüsseln und in vereinfachte Sprache übersetzen müssen. 

Wir sind sehr gespannt, was aus unserem Grundstein alles aufgebaut werden kann und sind mehr als glücklich, einen Beitrag geleistet zu haben.

Ein paar abschließende Worte aus dem CityLAB

Gemeinsam mit den Studierenden haben wir wieder einmal gelernt, wie wichtig es ist, andere Perspektiven zuzulassen. Das Projekt Sprach-O-Mat soll den ersten Grundstein für intelligente Übersetzungen von Formularen und behördliche Texten legen. Nicht nur für Menschen, die darauf angewiesen sind, sondern auch für diejenigen, die selber Formulare erstellen und schreiben. Wir hoffen, dass wir inspirieren können und andere Menschen dazu einladen den Sprach-O-Maten weiterzuentwickeln. 

Das Projekt mit den Studierenden der HTW Berlin hat uns viel Freude bereitet. Ein großes Dankeschön an Marianne Bähne, Frank Krässke, Sophie Strubberg und Mevre Tunca.