Das Jahr 2023 stand im CityLAB-Kalender ganz im Zeichen eines besonderen Ereignisses: der ersten Tour unseres Kiezlabor durch Berlin! Mit fünf Standorten in unterschiedlichen Kiezen, 71 Veranstaltungen und circa 1600 Besucher:innen war es insbesondere für das Kiezlabor-Team ein aufregendes Jahr mit viel Ausprobieren, Umplanen, Neu-denken und ganz praktisch: den Container ein- und ausräumen!
Deshalb haben wir beim Team noch einmal nachgefragt: Welche Formate haben besonders gut funktioniert? Wie kommt man am besten mit den Menschen ins Gespräch? Und was konnte das Team aus den unterschiedlichen Standorten lernen?
Was waren Eure Highlights – ob Format, eine Begegnung oder mit dem Team – im Kiezlabor?
Markus: Ich hatte so viele Highlights mit dem Kiezlabor selbst und dem Team dieses Jahr, ich weiß überhaupt nicht, wo ich anfangen soll. Das erste große zu nennende wäre sicher die offizielle Eröffnung des Kiezlabor an einem sehr schönen Standort, bei bestem Wetter, Anfang Juni. Teil der re:publica zu sein und gleichzeitig noch die sehr anstrengenden Vorwochen mit so einem schönen Eröffnungsabend krönen zu dürfen, das hat sich schon sehr gut angefühlt. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich das Kiezlabor noch sehr unwirklich angefühlt, muss man zugeben. Wir hatten Bedenken, dass es nicht rechtzeitig zum Startdatum fertig wird, Bedenken, dass Dinge nicht funktionieren werden, Bedenken, dass das Feedback nicht großartig wird und alles hat sich letztendlich nicht bewahrheitet. Mit den Gästen bei kühlen Getränken und schöner Musik an der Location am Flutgraben zu stehen – das war schon stark!
Ana: Auch für mich war die Eröffnung einer der aufregendsten Momente mit dem Kiezlabor dieses Jahr. Endlich in echt zu sehen, woran wir monatelang gearbeitet haben, das war wirklich klasse!
Anne: Eines meiner Highlights war die Zusammenarbeit mit Ayumi von Dycle für den Kompost-Workshop. Wir haben im gesamten CityLAB-Team mehrere Wochen vorher organische Abfälle gesammelt und konnten dann gemeinsam im Workshop Hand anlegen und frische Erde für den FeldFoodForest herstellen, der in direkter Nachbarschaft zum Kiezlabor auf dem Tempelhofer Feld stand.
Henriette: Eines meiner Highlights war der KIezvisionen Workshop mit einer Grundschule im Gräfekiez. Die Kinder waren richtig begeistert von den generierten Fotos und möglichen neuen Szenarien für das Schulgebäude und den Vorplatz. Neben den Klassikern “mehr Bäume weniger Autos” wurde auch für eine Welpenwiese gestimmt – Stadtvisionen let’s go! Mein zweites Highlight war natürlich unser Team, wir haben uns selbst als “eingegroovten Ameisenhaufen” bezeichnet: ohne steife Rollenverteilungen, wurde flexibel, agil und wertschätzend miteinander und mit jeglichen Herausforderungen umgegangen.
Wie würdet Ihr das Ziel des Kiezlabors in einem Satz beschreiben?
Yannick: Das Schöne ist, dass alle ihre eigenen Ziele mit ins Kiezlabor bringen können und unser Team aktiv vernetzt, damit gemeinsam an unterschiedlichen Lösungsansätzen für die lebenswerte Zukunft Berlins gearbeitet werden kann. Unser kleines Tiny House Kiezlabor macht den Kiezbewohner:innen die eigene Wirksamkeit sowie das enorme Potenzial kreativer Methoden und digitaler Tools erlebbar.
Ana: Ein Ort, der Menschen die Möglichkeit gibt, die Stadt partizipativ mitzugestalten und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, Akteur:innen kennenzulernen, die vielleicht bereits an diesen Herausforderungen arbeiten, um sie dann gemeinsam angehen zu können.
Anne: Mit dem Kiezlabor wollen wir einen temporären Raum schaffen, an dem wir gemeinsam mit der Stadtgesellschaft lokal relevante Themen diskutieren und zum Mitgestalten an der wünschenswerten Stadt der Zukunft einladen.
Welche Formate waren besonders beliebt bei Besucher:innen?
Henriette: Besonders beliebt waren die Formate, die auf direkte und unverbindliche Weise zum Mitmachen eingeladen haben. Hier waren Lebensmittel als Einladung oft hilfreich, wie beispielsweise bei dem Format “Kaffee Kuchen Kiezlabor” für einen Senior:innen Workshop oder der Foodsaving Workshop in Marzahn. Auch das KI-Tool für Stadtvisionen, sowohl im Workshop- Format als auch zum eigenständigen Ausprobieren, hat richtig gut funktioniert.
Wie kommt man am besten mit den Menschen ins Gespräch?
Markus: Indem man ihnen Zeit gibt, anzukommen, sie nicht gleich mit den eigenen Themen und Fragen überfällt, eine willkommen-heißende Atmosphäre schafft (klingt trivial, aber ist essenziell!), von Getränke bis Sitzgelegenheiten anbieten, und indem man den Eindruck vermeidet, etwas verkaufen zu wollen.
Henriette: Für mich hat am besten eine direkte Ansprache funktioniert. Einige Menschen laufen neugierig vorbei, aber trauen sich nicht, stehen zu bleiben oder das Gespräch zu suchen. Diese Leute abzufangen und auf sie zuzugehen hilft – am besten direkt vor dem Programm-Plakat.
Stellt Euch vor, ihr hättet drei Wünsche frei: Was würdet ihr am Container verbessern wollen?
Anne: 1. Das selbstaufbauende Kiezlabor funktioniert auf Knopfdruck, kein Kistentragen und schwere Containertüren per Hand öffnen und schließen. 2. Wenn es keine Limitation in die Höhe gäbe und die Solarpaneele nicht im Weg wären, fände ich einen Balkon auf dem Container sehr schön. 3. Rollen unter dem Container und einfacheres Umherfahren.
Wie kann man aus unterschiedlichen Standorten lernen und/oder diese miteinander vergleichen?
Markus: Wir haben in jedem Fall in der Programmvorbereitung gelernt, dass es an und um jeden Standort herum eine wahnsinnige Menge an lokalen Initiativen, Vereinen, Projekten gibt, die diese Stadt gemeinsam verbessern und verschönern wollen! Und wir haben gelernt, dass wir trotz unterschiedlichem Bekanntheitsgrad vor Ort jeweils sehr gut und schön aufgenommen wurden und wir bei weitem nicht “alles” oder “so viel” über die Stadt gewusst haben, wie man gerne meint – ich zumindest nicht. Wir freuen uns auf viel mehr davon im nächsten Jahr!
Yannick: Wir haben gelernt, dass sich das Kiezlabor auf verfügbare mobile Bürgeramtstermine beschränken könnte, um viele Menschen sehr glücklich zu machen – Aber es gibt viel mehr zu tun! Gerade weil die zugrundeliegenden Probleme an den Standorten, wie klimatische Herausforderungen, digitale und physische Barrieren für Menschen oder Konflikte rund um die Flächennutzung im öffentlichen Raum schwer wiegen, war es unglaublich schön zu sehen, wie viel positive Energie entsteht, wenn die Kreativität der Nachbar:innen und Initiativen entzündet oder gestärkt wird. Dabei haben wir erlebt, dass wirkliche Transparenz bei Vorhaben und Prozessen zentral ist, damit Anwohner:innen in Beteiligungsformaten gerne ihr Wissen oder ihre Expertise einbringen.
Was waren Eure größten Herausforderungen als Team?
Yannick: Die Koordination im Kiezlabor muss parallel auf mehreren Ebenen laufen. Online wie offline. Nach innen ins Team wie nach außen. Aktiv an diesem und inhaltlich schon am nächsten Standort. Das Team hat die Herausforderung, Standortfragen und Genehmigungen, Programmpartner und Communities, Dokumentation und Kommunikation bestmöglich abzustimmen und wird mit jedem Standort routinierter. Neben des körperlichen Aspekts beim täglichen Auf- und Abbau des Kiezlabor-Setups war die größte Herausforderung zweifelsohne, Kinder und Jugendliche davon abzuhalten, die gesamten Limo- und Cola-Vorräte innerhalb kürzester Zeit zu leeren.
Anne: An der frischen Luft im Herbst haben wir gespürt, welche Herausforderungen diese Arbeit im öffentlichen Raum statt in gut beheizten Büros mit sich bringt. Als nach und nach viele krank wurden, war klar, dass wir ein gut aufgestelltes Team brauchen, das im Zweifel auch vom gesamten CityLAB unterstützt werden kann.
Wie geht es im kommenden Jahr fürs Kiezlabor weiter?
Anne: Wir wollen noch stärker an tatsächliche Veränderungsprozesse in den Kiezen anknüpfen und wie zuletzt in Hellersdorf konkrete Ideen für die Zukunft vor Ort sammeln und in die (städtischen) Prozesse einbringen. Außerdem versuchen wir, noch mehr in die Außenbezirke zu gehen und vor Ort auch stärker die anderen Teams vom CityLAB einzubeziehen. Sie können die Standorte dann nutzen, um zum Beispiel direkt mit Nutzer:innen die Produkte zu testen und von den Menschen vor Ort zu lernen.
Wir freuen uns auf die nächste Kiezlabor-Tour in 2024! Falls ihr auch nicht genug kriegen könnt, hier findet ihr unsere Rückblicke zum Standort bei der re:publica, dem Tempelhofer Feld, dem Graefekiez und Marzahn-Hellersdorf! Viel Spaß!