Service Design: Auf Reisen zur Verwaltungs-Oase

Teil 1

Von Yannick Müller

Stell dir vor, du brauchst eine Verwaltungsleistung wie etwa ein Dokument oder eine Genehmigung und alles läuft schnell, problemlos und auf dich zugeschnitten. Genau dieses Szenario meinen wir, wenn wir im CityLAB von der “Verwaltungs-Oase” sprechen. An unserem Sommerfest zum dreijährigen Geburtstag haben wir nicht nur ausgelassen mit euch gefeiert, sondern konnten im Rahmen eines ganztägigen Programms durch Workshops und Vorträge Einblicke in unsere Arbeit geben. Mit dem Workshop “Service-Wüste Berlin? In 15 Schritten zur Verwaltungs-Oase” hat das Team für Verwaltungsinnovation viele Neugierige aus Verwaltung und Öffentlichkeit angesprochen. Zentrale Frage des Workshops und Schwerpunkt dieses Beitrags: Was versteht man unter Service Design und wie können wir damit die Berliner Verwaltung erfrischen? 

Impression des Workshops “Service-Wüste Berlin? In 15 Schritten zur Verwaltungs-Oase” / Foto: Stefan Wieland

Einmal neu gestalten, bitte!

Die Reise zur Oase beginnt in den Hallen des Tempelhofer Flughafens. Das Team der Verwaltungsinnovation hat dort im Workshop die Aspekte gut gestalteter Dienstleistungen beleuchtet und gemeinsam mit rund 30 motivierten Gästen überlegt, worauf es dabei konkret ankommt. Das fünfköpfige Team hat sich dafür am vielfältigen Baukasten des Service Designs bedient und 5 der 15 Kriterien für “Good Service”,  angelehnt an die 15 Prinzipien in Lou Downes gleichnamigem Buch, mitgebracht. Anhand ausgewählter Praxis-Beispiele, wie dem Beantragen eines Führerscheins, einer Meldebescheinigung oder dem Verlängern eines Reisepasses, wurden diese Kriterien anhand fiktiver, individueller Personen diskutiert. Die Teilnehmenden wurden dazu angeregt, ihre unterschiedlichen Perspektiven aus Zivilgesellschaft und Verwaltung einfließen zu lassen und gemeinsam gute Ansätze zu entwickeln. Angeleitet durch die passenden Fragen, gab es schnell einen lebendigen Ideen-Austausch.

Das sind Beispiele, die diskutiert wurden: 

  • Lisa, Sandra und ihr einjähriger Sohn brauchen einen Reisepass, um zu verreisen: Wissen sie, was sie brauchen, um die Dienstleistung zu nutzen? Was könnte ihnen dabei helfen?
  • Iqbal möchte Autofahren und muss zum ersten Mal einen Führerschein in Deutschland beantragen: Wie kann er den Dienst leicht finden? Was könnte ihm dabei helfen?
  • Sam hat einen Ausbildungsplatz bekommen und muss dafür von Zuhause in eine andere Stadt ziehen. Da sie nur über ein geringes Einkommen verfügt, muss sie einen Wohnungsberechtigungsschein beantragen. Sind die Entscheidungen der Verwaltung  für Sam nachvollziehbar kommuniziert? Was könnte ihr dabei helfen?

Besonders auf Resonanz gestoßen sind Themen wie die Ausgestaltung datensparsamer, nahtloser und barrierefreier Anwendungen. Auch Transparenz bei der Verarbeitung von persönlichen Daten sowie die Fehlerkultur innerhalb der Verwaltung wurden vertieft besprochen. Spannend war für die Teilnehmenden auch das Konzept der Lebenslagen und der Ausbau inklusiver Angebote.

Workshopmaterial “Service-Wüste Berlin? In 15 Schritten zur Verwaltungs-Oase” / Foto: Stefan Wieland

Service Design im Gepäck: Genau zuhören und zielführend gestalten

Die Verwaltungs-Oase erreichen wir nur mit dem richtigen Reisegepäck. Unser Koffer ist deshalb voller unterschiedlicher Perspektiven auf serviceorientierte Dienstleistungen. Service Design ist eine eigene Design-Disziplin, die Menschen in den Mittelpunkt stellt und versucht, den Austausch zwischen dem Menschen und der Dienstleistung zu verstehen und entsprechend reibungslos zu gestalten. Hier kommen Ziele und Bedarfe ins Spiel! Worauf basieren Entscheidungen, bestimmte Handlungen oder Anforderungen an Dienstleistungen oder Produkte? Service Design untersucht alle Beteiligten: Die Nutzenden, die Anbietenden und die Personen, die scheinbar nur indirekt beteiligt sind. Mit gepackten Koffern begleiten Service Designer:innen die gesamte Reise der Beteiligten im Kontext einer Dienstleistung.

CityLAB Berlin Sommerfest / Foto: Stefan Wieland
CityLAB Berlin Sommerfest / Foto: Stefan Wieland

Ein gutes Verständnis für die Nutzer:innen, ihre teilweise versteckten Bedürfnisse, ihr Verhalten, Werte und ihre Motivation ist die Grundlage für die Weiterentwicklung von Dienstleistungen und Produkten. Dabei sollten ten Zeitgeist und die Veränderungen in der Gesellschaft berücksichtigt werden. Aus diesen Erkenntnissen werden Lösungen für Hürden der Nutzer:innen entwickelt. Um daraus Erkenntnisse zu generieren, werden Methoden aus der Designforschung, Zukunftsforschung und dem Service Design genutzt. 
Wer mit Service Design arbeitet, kann folglich darin unterstützen, Digitalisierungsprozesse so durchzuführen, dass nahtlose und intuitive Anwendungen entstehen, die Prozesse effizienter und transparenter werden lassen. Wie das konkret aussehen kann, zeigen wir im CityLAB mit entsprechenden Ansätzen wie der Tagebuchstudie, den Modulen der Service-Agent:innen-Schulung oder dem Handbuch Öffentliches Gestalten.

Wir halten fest:

Wir sind bereit, die Verwaltungs-Wüste hinter uns zu lassen und zur Oase aufzubrechen. Das Werkzeug ist eingepackt: Wer mit Service Design-Methoden in der Verwaltung arbeitet, wirkt darauf hin, dass Verwaltungshandeln gegenüber Einzelnen als eine Dienstleistung, ein “Service”, verstanden wird. Dieser Service orientiert sich am konkreten Nutzen, der Zugänglichkeit und Verständlichkeit für Nutzer:innen; für uns. 

Die aktive Beteiligung und die positiven Rückmeldungen zum Workshop zeigen uns: Es gibt eine große Neugier am Thema Service Design in der Verwaltung. Wichtiger noch: In der Stadt gibt es die Bereitschaft, konstruktiv und engagiert an den Themen mitzuarbeiten. Diese Reise können und müssen wir gemeinsam antreten!  

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